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Malala Yousafzai und Kailash Satyarthi, die Friedensnobelpreisträger 2014.

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Thorbjørn Jagland, der Vorsitzende des Nobelpreis-Komitees, bei der Verkündung der diesjährigen Preisträger.

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Die Bekanntgabe der Friedensnobelpreisträger.

Nobel Prize

Sie hat den Taliban getrotzt. Und dem Tod. Es grenzt an ein Wunder, dass sie überhaupt überlebt hat. Aus nächster Nähe hatte ein Attentäter drei Kugeln in ihren Kopf und ihre Schultern gefeuert. Das war am 9. Oktober 2012. Fast auf den Tag genau zwei Jahre später wurde die pakistanische Schülerin Malala Yousafzai für ihren Mut und ihr Engagement mit dem Friedensnobelpreis geehrt. Mit erst 17 Jahren ist sie die jüngste Preisträgerin aller Zeiten. Sie teilt sich die Ehrung mit dem indischen Kinderrechtsaktivisten Kailash Satyarthi.

Das Friedensnobelpreiskomitee in Oslo hat mit seiner Bekanntgabe am Freitag gleich zwei Kämpfer für die Rechte junger Menschen geehrt. Während sich Malala Yousafzai, die inzwischen mit ihrer Familie in Großbritannien lebt, für das Recht aller Kinder auf Bildung und Schulbesuch engagiert, kämpft der bislang hauptsächlich in Indien bekannte Satyarthi gegen Ausbeutung und Versklavung von Kindern. Mit der Doppelvergabe an einen Hindu und eine Muslima, einen Inder und eine Pakistanerin, wolle man auch die Beziehungen zwischen den verfeindeten Nationen verbessern, teilte das Komitee mit.

Nachricht in der Chemiestunde erhalten

Pakistans Premierminister Nawaz Sharif nannte Malala Yousafzai "den Stolz Pakistans". Andere Pakistaner reagierten verhaltener. Sie sehen die Idealisierung von Yousafzai mit Misstrauen. Der Westen würde die Frau instrumentalisieren, um Pakistans Image zu beschädigen. Malala sei "ein Idol für die Welt, aber eine Ausgestoßene zu Hause", beschrieb die pakistanische Zeitung Express Tribune das zwiespältige Verhältnis. Der private Sender Geo TV berichtete hingegen, dass sich die Menschen in Yousafzais Heimatort Mingora im Swat-Tal auf den Straßen gratulierten.

Yousafzai selbst gibt an während einer Chemiestunde von der Vergabe des Preises an sie erfahren zu haben. Für sie sei der Preis Ermutigung weiterzumachen. "Ein Mädchen ist nicht vorherbestimmt, eine Sklavin zu sein. Es muss vorwärtsgehen in ihrem Leben", sagte die 17-Jährige in einer ersten Reaktion: "Es ist nicht nur eine Mutter, nicht nur eine Schwester, nicht nur eine Ehefrau - es sollte eine Identität haben und anerkannt werden, mit den gleichen Rechte wie ein Bub."

Vater spielt wichtige Rolle

Ohne ihren Vater Ziauddin ist das Phänomen Malala Yousafzai kaum erklärbar: Der Lehrer ist Gegner der Taliban und Verfechter von Mädchenbildung. Er war es, der ihre Karriere als Kinderaktivistin vorantrieb und Medienauftritte förderte. Als die Taliban das Swat-Tal besetzten und Mädchen den Schulbesuch verboten, schrieb die damals Elfjährige 2009 einen Blog für den britischen Sender BBC über das Leben unter dem Schreckensregime.

Im Westen bekannter wurde Yousafzai erst durch das Attentat auf sie. Taliban-Kämpfer feuerten im Schulbus aus nächster Nähe drei Kugeln auf sie ab. Über Tage rang sie mit dem Tod. "Sie dachten, die Schüsse würden uns zum Schweigen bringen", sagte Yousafzai am 12. Juli 2013 vor der Uno-Jugendversammlung. "Es ist ihnen nicht gelungen."

Positive Reaktionen

Überwiegend positive Reaktionen gab es auch für die Vergabe an den 60-jährigen Satyarthi. "Er hat sein Leben einer Sache gewidmet, die für die gesamte Menschheit extrem wichtig ist", sagte Indiens Premierminister Narendra Modi. Indiens Präsident Pranab Mukherjee sah die Auszeichnung "als Anerkennung der wichtigen Rolle, die die lebendige indische Zivilgesellschaft beim Eindämmen komplexer sozialer Probleme wie Kinderarbeit spielt".

Die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) sprach in Bezug auf die Vergabe der Auszeichnung an Satyarthi und Yousafzai von einer "überwältigenden Botschaft an die Welt".

278 Kandidaten

Für die prestigeträchtige Auszeichnung wurden in diesem Jahr 278 Kandidaten vorgeschlagen - ein neuer Rekord. Unter den Nominierten waren auch der US-Whistleblower Edward Snowden, Papst Franziskus und der deutsche Altkanzler Helmut Kohl. (Christine Möllhoff aus Neu-Delhi, DER STANDARD, 11.10.2014)