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Wolfgang Fellner mit Sohn Niki.

Foto: APA/JOHANNES KERNMAYER

Wien - "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner feiert am 13. Oktober seinen 60. Geburtstag. Im APA-Interview spricht Fellner über Höhen und verdrängte Tiefen seines Berufslebens, die wirtschaftliche Entwicklung seines Medienunternehmens, "Fellnerismus" und Inserate, über die Gerichtsstreitigkeiten mit "Heute" und "Kurier"-Chefredakteur Helmut Brandstätter sowie sein Privatleben. Und er behauptet in seit Jahren geübter Manier Führungsrollen, Spitzenpositionen und Erfolge.

Fellner spricht in dem APA-Interview etwa von "Internet-Marktleaderschaft": oe24.at weist seine Zugriffszahlen in der Österreichischen Web-Analyse nur inklusive des reichweitenstarken, von den Fellners übernommenen Portals wetter.at aus. Wieviel Gewicht das Wetterportal in der Gesamtzahl hat, lässt sich an saisonalen Schwankungen der Werte in der Web-Analyse ermessen.

oe24.at, Wetter.at und co kommen im September auf gemeinsam 13,985 Millionen Visits gegenüber 19,6 Millionen Visits bei derStandard.at. Mehr Daten dazu unter diesem Link.

Die Gesamtnutzungszeit der zu oe24 zählenden Angebote lag bei 0,81 Millionen Stunden. derStandard.at wurde im September laut ÖWA insgesamt 2,77 Millionen Stunden genutzt. Das ist rund das Dreieinhalbfache.

Hier das APA-Interview mit Fellner:

Sie feiern am 13. Oktober 60. Geburtstag bzw. 2 x 30 Jahre Wolfgang Fellner. Was waren denn aus Ihrer Sicht die Höhen und Tiefen, die Sie in diesen Jahren erlebt haben?

Fellner: Tiefen fallen mir ehrlicherweise keine ein, weil ich ein optimistischer Mensch bin. Die hab ich verdrängt. Die Höhen: sicherlich der enorme "Rennbahn-Express"-Boom Anfang der 1970er-Jahre, wo wir sogar das "Bravo" überholt haben, und wo ich auch heute noch ständig Menschen treffe, die mir sagen, wie das ihre Jugend geprägt hat. Etwa vorhin gerade beim Frühstück Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, der in seiner Schulzeit "Rennbahn-Express"-Leser war. Dann die vielen spannenden "Basta"-Enthüllungen bis hin zur Noricum-Affäre, wo wir eine halbe Regierung zu Sturz gebracht haben. Natürlich die gesamte "News"-Gründung und danach der Start von "Österreich". Eine gewagte Entscheidung, die sich aber im Nachhinein als goldrichtig dargestellt hat. Der bisher letzte Höhepunkt in meinem Leben ist die Internet-Marktleaderschaft* in Österreich und die neue ÖWA-Plus von dieser Woche, die uns eine Online-Reichweite in Österreich von 34 Prozent gibt. Das ist exakt die selbe Reichweite, die die Krone in Print hat. Wer hätte das je gedacht?

Wie immer bei Wolfgang Fellner eine Bilanz in Superlativen ...

Fellner: Eine Bilanz ist ohnehin schwierig, weil man soll eine Bilanz nicht in der Halbzeit ziehen. Ich weiß schon, dass 60 Jahre nicht die Halbzeit sind, aber mein Sohn hat kürzlich zu mir gesagt: Papa, für dich beginnt jetzt wie bei einem guten Eishockey-Spiel das dritte Drittel - und das wird immer das spannendste. Und wer weiß, vielleicht folgt ja - wie beim Eishockey - noch ein Power Play. Wie Udo Jürgens schon geschrieben hat: mit 66 fängt das Leben erst an. Ich glaube, das gilt insbesondere für einen Verleger im neuen Digital-Zeitalter.

Ihr jüngstes Medium "Österreich" gibt es schon wieder acht Jahre. Wie steht es dort finanziell? Es gibt immer wieder Branchengerüchte, wonach Sie bei Banken mit zig Millionen in der Kreide stünden ...

Fellner: Es geht uns hervorragend. Ist ja klar, dass wir noch nicht alle Kredite abgezahlt haben, das geht selbst im Traumbüchl nicht. Aber "Österreich" ist komplett im Plan und wir haben genau das umgesetzt, was ich mir erwartet habe. Dass ich in Wien in der Auflage die "Krone" überhole, haben beim Start alle - vom Bürgermeister abwärts - für unmöglich gehalten. Nun ziehen wir über kurz oder lang - bei dieser oder der nächsten Media-Analyse - in Wien auch in der Leserzahl an der "Krone" vorbei. In der verbreiteten Auflage sind wir inzwischen sogar bei mehr als dem Doppelten. Ähnlich gut entwickelt sich die wirtschaftliche Lage: Hätte ich beim Start gesagt, ich werde schon nach acht Jahren mit "Österreich" einen höheren Gewinn als mit dem News-Verlag erzielen, hätten Sie mich für übergeschnappt gehalten.

Der STANDARD wies zuletzt für 2013 einen Umsatz von 90 Millionen Euro und nach Auflösung von Rücklagen in Höhe von 3,7 Mllionen Euro einen Bilanzgewinn von 4,6 Millionen Euro aus ...

Fellner: Das ist in etwa richtig. Heuer läuft das noch besser. Wir werden das Jahr 2014 jedenfalls mit einem ordentlichen operativen Gewinn abschließen, obwohl das ja ein wahnsinnig schwieriges Jahr ist. Das Zeitungsgeschäft ist heuer ja nicht besonders lustig. Da bluten einige wirklich. Dass wir mit "Österreich" voll auf Kurs liegen, hat natürlich mit diesem Boom der Gratiszeitungen zu tun. Wenn Sie heute über die Ringstraße fahren, fahren Sie durch ein Spalier von Hunderten von Zeitungslesern. Die Hälfte davon liest uns, die andere Hälfte "Heute". Wobei die Print-Zeitung für mich ja immer nur die Startrampe in die neue digitale Ära war. Ich habe diese Zeitung vor acht Jahren gegründet, weil mir bereits damals klar war, dass man eine wirklich gute tägliche, minutenaktuelle Content-Produktion braucht, um im Digital-Geschäft reüssieren zu können. Es war schon damals absehbar, dass das mit Magazinen nicht möglich ist.

Wie hoch sind denn nun Ihre Verbindlichkeiten bei den Banken?

Fellner: Ich denke nicht daran, eine Zahl zu nennen, aber deutlich niedriger als immer behauptet, und es wird alles pünktlich und nach Plan getilgt. Ich kenne Tageszeitungen, die sind schon gute 20 Jahre am Markt - und heuer noch immer tief in den roten Zahlen.

Wem gehört eigentlich die Mediengruppe "Österreich"? Ich frage, weil es Konkurrenten gibt, die meinen, bei Ihnen wären die Beteiligungsverhältnisse wegen der vielen Firmen und Stiftungen nicht transparent ...

Fellner: Es gibt sicher eine Konkurrenzzeitung, bei der die Eigentumsverhältnisse nicht ganz klar sind, aber bei uns sind sie 100 Prozent transparent. Die Zeitung gehört mir und meinem Bruder Helmuth und sonst niemanden. Das ist eines der wenigen familiengeführten Unternehmen in diesem Land - ohne ausländisches Kapital, ohne Verpfändung der Anteile an irgendwelche Banken und ohne sonstige Beteiligungen des lieben Gottes oder anderer nicht ganz durchschaubarer Personen oder Institutionen.

Zuletzt sorgte die Ankündigung eines Wien-Jumbo für Aufsehen. Sie verteilen Österreich gratis an alle Wiener Haushalte. Was ist - abgesehen von viel totem Holz - Sinn und Zweck dieser Aktion?

Fellner: Das ist eine ganz normale Vorgangsweise. Das haben die "Kleine Zeitung" und die "Oberösterreichischen Nachrichten" in ihren Bundesländern auch schon gemacht. Wir wollen alle Wiener auf die Zeitung aufmerksam machen, und wir wollen für die Werbetreibenden die Möglichkeit bieten, alle Wiener Haushalte zu erreichen. Das ist aber für uns eine normale Marketingaktion, wie ich sie auch schon bei News gemacht habe. Neu ist, dass wir alle 1,1 Millionen Wiener Haushalte mit einer wirklich aktuellen Tageszeitung beliefern und nicht mit einem Werbeprospekt. Der erste Testlauf in dieser Woche hat wirklich großartig funktioniert - schauen wir mal, wie oft wir das in Zukunft machen. Es hat jedenfalls Spaß gemacht.

Ein Streitpunkt in Wien sind die U-Bahn-Entnahmeboxen. Das Oberlandesgericht hat ja entschieden, Sie seien gleich wie "Heute" zu behandeln, die Wiener Linien haben Rekurs eingelegt ...

Fellner: Wir erwarten in Kürze das endgültige Kartellurteil, damit wird diese extreme Benachteiligung hoffentlich beendet. Wir haben es hier mit einer klaren Wettbewerbsbehinderung zu tun. Durch verschiedenste Dinge und politische Einflüsse dauert dieser Prozess bereits über sechs Jahre. Jede andere Zeitung wäre inzwischen kaputt gegangen, wir haben es aber trotzdem geschafft, an der "Krone" vorbei und ganz knapp an "Heute" heranzukommen. Es kann sich jeder ausrechnen, was passiert, wenn da bald 150 Boxen mehr von uns stehen. Eine Box fasst ungefähr 1.200 Zeitungen. Deshalb gehen wir davon aus, dass wir in Wien in den nächsten Jahren die Nummer eins werden. Und das ist auch mein großes Ziel - spätestens für den 70. Geburtstag.

Ein Begriff, der sich in der Medienbranche etabliert hat, ist der des "Fellnerismus". Bei Ihnen heißt es oft exklusiv, brisant, verrückt und es gibt viele Skandale. Ist das nur exzessives Marketing oder ist die Welt aus Ihrer Sicht wirklich so irre?

Fellner: Wir sind die spannendste Zeitung in diesem Land. Das sind vielleicht ein paar Leute nicht gewöhnt, aber es muss ja auch niemand unsere Zeitung nehmen, wenn es nicht gefällt. Tatsächlich nehmen uns aber von Woche zu Woche mehr Leute. Wir legen zum Beispiel in der Steiermark , wo wir gerade die Gratis-Ausgabe gestartet haben, derzeit jeden Monat um 3.000 Exemplare zu. Wir wachsen auch noch in Wien jeden Monat. Ich weiß aus Tausenden Leser-Reaktionen, wie gut unsere Zeitung den wirklichen Lesern gefällt. Nörgeln kann jeder - aber unbestritten ist ja wohl: Wir waren die erste Zeitung, die schon von Beginn an auf die neue Internet-Ära hinkonzipiert wurde. Vieles bei uns ist ähnlich wie in der digitalen Internet-Welt: Mehr Bilder, kürzere Texte, flashigere Headlines - alles ist bei uns eben schneller als bei mancher in die Jahre gekommenen Zeitung.

Prominente haben sich in der Vergangenheit darüber beklagt, dass "Österreich" Interviews veröffentlicht habe, die gar nie geführt worden sein sollen. In einem Gerichtsurteil war zuletzt die Rede davon, dass man davon ausgehen müsse, dass Interviews in "Österreich" tatsächlich erfunden worden seien. Erfinden Sie und Ihre Redaktion Interviews, Herr Fellner?

Fellner: Das ist eine glatte Unwahrheit und wir haben dagegen Berufung erhoben. Das zeigt nur wie absurd die österreichische Justiz ist. In der ersten Instanz haben wir ein klares Urteil bekommen, dass wir die Interviews nicht erfunden haben. Und dabei wurde sogar auf die von uns angebotenen Zeugen verzichtet. Die zweite Instanz hat das Urteil plötzlich völlig umgedreht und behauptet, wir hätten Interviews erfunden und Zeugen sind überhaupt nicht gehört worden. Das hat was Kafkaeskes. Unsere Interviews sind definitiv nicht erfunden. Und im konkreten Fall geht es ja auch um lächerliche Sätze von einem Fußballer ohne jeden Aussagewert. Niemand würde so etwas erfinden.

"Kurier"-Herausgeber Helmut Brandstätter hat Sie zuletzt in einem Kommentar als "Söldner des Informationshandels" bezeichnet und angedeutet, Sie würden von Politikern und Managern Inserate fordern, weil es sonst eine "schiache Gschicht" über diese geben würde ...

Fellner: Und ich darf ihn - laut rechtskräftigem Urteil - als "journalistischen Bettnässer" bezeichnen. Diese Gerichtsstreitigkeiten sind in meinen Augen absolut lächerlich. Ich glaube, dass das bei Brandstätter wirklich ein menschliches Problem ist. Er hat offenbar allergrößte Probleme mit seinem Produkt. Die Leser laufen dem "Kurier" halt in Scharen davon, und er verkraftet es einfach menschlich nicht - einen anderen Ausdruck will ich nicht verwenden, sonst stehen wir wieder vor Gericht -, dass ich erfolgreicher bin als er. Und übrigens: dass mir ausgerechnet jemand, der im Solde von Raiffeisen schreibt, vorwirft, ein Söldner zu sein, ist ja wohl der Witz der Geschichte. Wenn da irgendjemand ein Söldner ist, dann ist es ja wohl derjenige, der für die Raiffeisen-Armee tätig ist.

Ihre Inseratenaufträge und die anderer Boulevardmedien stehen aber auch von anderer Seite in Kritik ...

Fellner: Ich finde diese ganzen Streitereien um Inserate einfach lächerlich, unwürdig und dumm. Sie schaden der ganzen Branche. Und Helmut Brandstätter ist hier ein ganz besonders unehrlicher Pharisäer. Schauen Sie sich doch bitte einmal die bezahlten PR-Beilagen des "Kurier" an. Da pickt auf jeder Doppelseite eine PR-Geschichte neben dem danebenstehenden Inserat. Wenn jemand mit Kanonenkugeln schießt, dann bitte nicht aus dem Glashaus wie der "Kurier", der jede Woche mindestens ein als Niederösterreich-Extra, als Industrie-Extra, als Baumeister-Extra oder als Wirtschaftskammer-Extra getarntes PR-Produkt liefert, über das sich Herr Brandstätter dann bei der Konkurrenz beklagt. Ich finde, jeder soll seinen Job machen - und nicht neidisch an anderen herummeckern.

Die umstrittene Inseratenvergabepraxis der Regierung Richtung Boulevard ist aber ein Faktum ...

Fellner: Das ist reiner Neidkomplex. Also Entschuldigung, wenn irgendjemand wirklich in hohem Ausmaß versucht, öffentliche Gelder zu erpressen, dann ist das der Herr Brandstätter, der ja mit Transparenzgesetz und weiß der Teufel was gegen "Krone", "Heute" und mich immer wieder bei den unterschiedlichsten Politikern vorstellig wird. Das Transparenz-Gesetz hat nur bewirkt, dass die großen Zeitungen - wie "Krone" und "Österreich" - gemäß ihrer Auflage mehr bekommen und die kleinen, die weniger Auflage und Reichweite haben, weniger. Und es hat der ganzen Branche geschadet, weil diese kindisch-dumme Vernaderung "Marke Brandstätter" nur dazu führt, dass generell weniger geworben wird. Vor allem bei kleinen Medien.

Sind Sie eigentlich wie Eva Dichand auch mit Bundeskanzler Werner Faymann befreundet?

Fellner: Ich kenne Faymann seit 1974, als er als 15-jähriger Schulsprecher in die "Rennbahn-Express"-Redaktion kam. So wie viele andere in ihrer Jugendzeit: Ein Michael Häupl, ein Willi Molterer, ein Josef Cap. Aus dieser Zeit bin ich logischerweise per Du mit ihm, weil man halt als 15-Jähriger nicht per Sie war. Ich habe eine halbwegs brauchbare Gesprächsebene zum Kanzler, aber keine Freundschaft, die über das Berufliche hinausgeht. Ich bin weder privat mit ihm unterwegs, noch verbringe ich Urlaube mit ihm, noch gehe ich mit ihm zu den Salzburger Festspielen.

Themenwechsel: Wie steht es um Ihre Fernsehpläne? Herbert Kloiber hat ja vor kurzem verraten, dass Sie wegen des Kaufs von ATV bei ihm angeklopft hätten ...

Fellner: Wir sind ganz sicher keine Käufer. Ich bin Gründer. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie etwas gekauft, und ich kauf auch sicher keine Mini-Sachen wie Schau-TV. Derzeit werde ich ja für alles genannt. Und so etwas wie ATV könnte ich mir gar nicht leisten. Abgesehen davon, was Herr Kloiber für Preisvorstellungen hat, ist dort das Minus so groß, dass das meine Möglichkeiten als kleiner Medienunternehmer übersteigt. Da muss man entweder wie Herr Kloiber in Deutschland weitverzweigt sein und das als Gegenposition verwenden können, oder man muss ein Großkonzern wie RTL sein, dass es einen nicht kratzt, wenn man 15 Millionen Minus macht. Ich kann mir das jedenfalls nicht erlauben.

Also vorerst kein Fellner-TV?

Fellner: Die große Zukunft im Digitalgeschäft ist Bewegtbild. Das ist völlig klar. Und wir haben es mit meinem Sohn Niki geschafft, auf diesem Sektor zur Nummer eins der Verlage zu werden. Wir werden Bewegtbild also weiter ausbauen. Es gibt eine enorme Nachfrage nach Bewegtbild-Werbung. Unsere große Aufgabe wird es deshalb sein, Bewegtbildformate zu finden, die im Internet erfolgreich sind.

Der frühere ATV-Geschäftsführer und Stronach-Berater Tillmann Fuchs arbeitet an diesem Thema für Sie. Wird es am Ende doch auch einen eigenen TV-Sender geben?

Fellner: Stimmt, Fuchs arbeitet an diesen Projekten mit und besorgt Rechte für uns. Ein eigener TV-Kanal ist aus verschiedensten Gründen natürlich immer mit in der Überlegung. Es gibt ja den Streitfall, ob Kurzberichterstattungsrechte gelten, wenn man nur via Internet verbreitet oder ob es auch einen eigenen linearen Kanal und eine Kabel-Ausstrahlung braucht. Wenn für eine derartige Content-Produktion auch ein linearer Fernsehsender notwendig ist, dann werden wir das ganz sicher machen. Ein modernes Medienhaus ohne Bewegtbild ist in zehn Jahren nicht denkbar.

Wird es die Zeitung "Österreich" in zehn Jahren noch geben?

Fellner: Aber 100-prozentig. Die Zahl der verbreiteten Zeitungen hat sich in Wien seit dem Start von "Österreich" verdreifacht. Wir erleben in dieser Stadt gerade einen ganz besonderen Printzeitungsboom, weil wir - nicht zuletzt dank "Österreich" - die besten Gratiszeitungen haben. Und dieser Gratiszeitungsboom wird anhalten. Er führt nur zusätzlich, wie man an "oe24.at" sieht, direkt ins Internet und zum digitalen Erfolg.

Sie und Ihre Ex-Frau haben sich schon vor längerer Zeit getrennt. Uschi Fellner hat auch Ihren Verlag verlassen und arbeitet nun für andere Medienunternehmen. Fehlt sie Ihnen im Verlag?

Fellner: Nein, definitiv nicht. Sonst hätten wir uns ja nicht getrennt. Aber ich bin mit ihr im allerbesten Verhältnis, und ich finde sehr nett, was sie macht. Auf ihren Wunsch hin hat ja unsere Tochter Jenny inzwischen auch "Madonna" übernommen, und es war ja auch das Ziel, das jünger und erfolgreicher zu machen. Sowohl Niki als auch Jenny sind hier im Verlag bereits sehr erfolgreich tätig.

Die Nachfolge ist also geregelt?

Fellner: Die Nachfolge ist geregelt, und ich hab ja noch zwei weitere Kinder in petto. Der Benni ist zehn Jahre und könnte eventuell für Fernsehen und Bewegtbild einmal ein ganz toller Manager werden, und die Desi ist jetzt 17 Jahre alt, geht studieren und wird hoffentlich in fünf, sechs Jahren auch in meinem Medienhaus landen.

Gibt es eigentlich wieder eine Frau an Wolfgang Fellners Seite?

Fellner: Ja, natürlich. Ich habe schon seit Beginn der Trennung von meiner Frau eine Frau an meiner Seite.

Aber es ist nicht Katrin Lampe, wie in der Medienbranche lange spekuliert wurde?

Fellner: Nein, es ist nicht die Katrin Lampe. Mehr will ich dazu aber nicht sagen. Alle, die mich kennen, wissen es und wissen auch, wer die Frau an meiner Seite ist.

Sind Sie eigentlich reich? Ein Millionär wie man so sagt?

Fellner: Das ist die Frage, wie Sie solche Rankings rechnen. Wird nach Geld gerechnet oder nach Firmenwert? International rechnet man das für gewöhnlich nach Firmenwert, Immobilienbesitz und so weiter - ja, nach dieser Rechnung bin ich eher reich. Alle meine Häuser, die ich immer gehabt habe, plus noch das eine oder andere, habe ich nach wie vor. Aber nur für meinen persönlichen Spaß und nicht als Geldanlage. Mir bedeutet Geld in dem Sinn wirklich wenig. Für mich bedeutet das ausschließlich Spaß und dass ich es mir leisten kann, dass ich für eine Woche in mein Haus nach Amerika fahre und mir dort neue Ideen zum Mediengeschäft hole.

Stimmt es, dass Sie zu Wutausbrüchen neigen?

Fellner: Das Alter bringt mehr Gelassenheit, und meine Gelassenheit steigt derzeit dramatisch. Grundsätzlich bin ich - wie jeder weiß - ein sonniger, optimistischer, kalifornischer Typ, aber gelegentlich haue ich auch auf den Tisch. Es ist nicht wahnsinnig leicht, einen Newsroom mit 300 Personen zu führen. Das geht nicht immer basisdemokratisch. Manchmal muss ich relativ klar ansagen, was Sache ist. Jeder meiner Mitarbeiter weiß aber, dass das nach zehn Minuten wieder vergessen ist, und dass ich die Leute, die ich am härtesten anfahre, oft am meisten liebe, weil mir das oft die wichtigsten sind, weil ich weiß, dass ich von denen auch die beste Leistung bekomme. Gelegentlich müssen die Leute in einem Newsroom schon merken, dass der Verleger - wie man so schön sagt - "brennt". Viele erfolgreiche Verleger sind adrenalingetrieben, und ich brenne auch mit 60 noch immer.

Was erwarten Sie noch vom Leben?

Fellner: Spaß. Ich bin prinzipiell ein sehr spaßfokussierter Mensch. "Österreich" war für mich ein Heidenspaß. Jetzt kommt erst die eigentliche Herausforderung, nämlich zu beweisen, dass wir dieses Land auf digitalen Kurs bringen. Derzeit sind wir ja diesbezüglich noch bei den sieben Zwergen hinter den sieben Bergen. Weltweit geht das digitale Mediengeschäft jetzt erst richtig los. Ich erwarte bis zum Siebziger zehn Jahre Spaß und hoffentlich zehn Jahre Erfolg. Ich erhoffe mir, dass ich zum 70. Geburtstag österreichweit Nummer eins bei den Zeitungsauflagen bin und dass das Gratis-Erfolgsmodell aus Wien auch in allen anderen Landeshauptstädten funktioniert. Und ich erwarte mir ein großes digitales Medienhaus mit Bewegtbild, das ich gemeinsam mit meinem Sohn und meiner Tochter führe, die dann allerdings die deutlich wichtigere Rolle spielen werden. (Johannes Bruckenberger/APA, 10.10.2014)