Neumarkt am Wallersee/Salzburg - Der Verfassungsgerichtshof hat bei der diesjährigen Bürgermeister-Stichwahl in Neumarkt am Wallersee (Flachgau) einen Verstoß gegen die Gemeindewahlordnung festgestellt. Demnach war der Wahlakt unverschlossen aufbewahrt. Die SPÖ Neumarkt ortete Unregelmäßigkeiten und forderte eine Korrektur des Wahlergebnisses. Da aber kein Neuwahl-Antrag eingebracht wurde, bleibt die Wahl laut VfGH gültig.
Als Sieger bei der Wahl am 23. März 2014 ging Adolf Rieger (ÖVP) mit 1.340 gültigen Stimmen hervor. Die Entscheidung war knapp: Konkurrent Jan Schierl-Martinu erhielt mit 1.323 um nur 17 Stimmen weniger.
Nichtigerklärung
Am 17. April brachte die SPÖ eine Nichtigerklärung des Wahlverfahrens vom Beginn der Feststellung des Wahlergebnisses beim VfGH ein. Begründung: In einem anonymen Schreiben habe ein Wahlhelfer der Wahlbehörde mitgeteilt, dass in einem Wahl-Sprengel ein Packerl von zehn "Schierl"-Stimmen irrtümlich beim Stoß für Rieger gelandet sei. Bei richtiger Bewertung der zehn Stimmzettel hätte Schierl-Martinu mit einem Plus von drei Stimmen die Wahl gewonnen. Auf Rieger wären 1.330 Stimmen, auf Schierl-Martinu wären 1.333 Stimmen gefallen.
Zudem sei in einem Wahlsprengel ein Stimmzettel, der lose und nicht einkuvertiert in der Wahlurne gelegen sei, dem ÖVP-Kandidat zugeordnet worden, ebenso ein ungültiger Stimmzettel, hieß es in dem Anfechtungsschreiben an den VfGH. Bei richtiger Wertung dieser Stimmzettel hätte Rieger lediglich 1.328 Stimmen erhalten. Bei der Stichwahl am 23. März hätten die von der SPÖ gestellten Mitglieder der Gemeindewahlbehörde die Nachzählung aller Sprengel durch die Gemeindewahlbehörde beantragt. Durch Mehrheitsbeschluss sei das Nachzählen aller Sprengelwahlergebnisse aber abgelehnt worden.
Anonymes Schreiben
Nach Einlangung des anonymen Schreibens seien Teile des Wahlaktes, jedenfalls die von der Wahlanfechtung umfassten Sprengel 1 und 5, versiegelt worden, wurde dem VfGH geschildert. Im Zug der Wahlanfechtung und der Nachforschungen sei auch festgestellt worden, dass sämtliche 25 Gemeindevertreter sowie elf Amtsmitarbeiter für jenen Raum, in dem die Wahlakten aufbewahrt waren, einen sperrbaren Schlüssel hatten. "Dieser Umstand ist insofern von besonderer Bedeutung, da der Wahlakt bis zum 11. April nicht versiegelt war."
Der VfGH erachtete es in seiner Entscheidung vom 8. Oktober auch als erwiesen, dass der Wahlakt im Zeitraum zwischen 23. März bis einschließlich 11. April "unversiegelt und auch sonst nicht fest verschlossen in einem für unbefugte Personen unkontrolliert zugänglichen Raum aufbewahrt war". Dieser Umstand stelle einen Verstoß gegen das aus den Paragrafen 74 und 75 der Salzburger Gemeindewahlordnung ableitbare Gebot der sicheren Verwahrung der Wahlakten dar, hieß es in der Entscheidung. Dieser Verstoß führe dazu, dass der VfGH das Wahlergebnis anhand der Wahlakten objektiv nicht mit Verlässlichkeit feststellen könne, konstatierte der VfGH. Der Vorwurf der Antragsteller könne zustimmen oder auch nicht.
Rechtswidrigkeit
Falls die Behauptung der Rechtswidrigkeit stimme, wäre der Verfassungsgerichtshof genötigt, die Wahl von Beginn des Abstimmungsverfahrens an aufzuheben. Zu solch einem Ausspruch sei der VfGH aber nicht befugt, weil die Partei, welche die Wahl angefochten habe, eine Neudurchführung der Wahl nicht beantragt habe. Der Verfassungsgerichtshof sei an den Antrag gebunden und könne diesen auch nicht selbst erweitern, wurde sinngemäß erklärt. Die Partei habe ja nur die Korrektur des Wahlergebnisses gefordert. Daher bleibe für den VfGH nur die Möglichkeit, der Wahlanfechtung nicht stattzugeben. Ein neuerlicher Antrag kann nicht mehr eingebracht werden, weil die vierwöchige Frist ab Kundmachung des Wahlergebnisses (23. März) schon längst abgelaufen ist. (APA, 13.10.2014)