
Landtagspräsidentin Nußbaumer muss aus Parteiräson gehen
Bregenz – Konstituierende Landtagssitzungen sind in der Regel Feierstunden. Ganz so feierlich dürfte es am Mittwoch im Vorarlberger Landhaus nicht werden. FPÖ und SPÖ wollen den Festakt zur Wahl der ersten schwarz-grünen Regierung in Vorarlberg mit Kritik an der Personalpolitik der Volkspartei stören.
Grund ist die Entscheidung von VP-Chef Markus Wallner, Landtagspräsidentin Gabriele Nußbaumer abzuberufen, und an ihre Stelle den scheidenden Kulturlandesrat Harald Sonderegger zu setzen. Sonderegger musste seinen Regierungssitz für die Grünen räumen.
FPÖ gegen Ablöse der Präsidentin
"Verfehlt" nennt FPÖ-Klubobmann Dieter Egger diese Rochade. Sonderegger habe keine parlamentarische Erfahrung, kritisiert Egger, außerdem sei das ein völlig falsches Signal an die Frauen. Überhaupt nicht verstehen kann der FPÖ-Chef, sonst frauenpolitisch wenig aktiv, warum die Grünen diese Entscheidung mittragen: "Für einen Regierungssessel werfen die Grünen augenscheinlich alle Grundsätze über Bord."
SPÖ-Frauensprecherin Gabi Sprickler-Falschlunger greift Grünen-Frauensprecherin Katharina Wiesflecker direkt an:_"Die designierte Frauenlandesrätin scheint kein Problem damit zu haben, wie man mit Frauen umspringt, wenn Männer Macht und ein gutes Einkommen wollen." Wiesflecker kontert: "Ich bedauere die Ablöse der Landtagspräsidentin." Die Entscheidung sei aber keine der Koalition, sondern einzig der Volkspartei, der zwei der drei Präsidiumssitze zustünden.
Nußbaumer selbst macht kein Geheimnis daraus, dass sie gerne geblieben wäre. Die Entscheidung ihres Parteichefs will sie aber über die Medien nicht kommentieren. FPÖ und SPÖ werden Harald Sonderegger nicht zum Landtagspräsidenten wählen, die beiden Neos-Frauen sind noch unschlüssig. Die Grünen werden zustimmen, sagte Adi Gross, der Johannes Rauch, der Umweltlandesrat wird, als Klubobmann nachfolgt.
Runderneuerte Fraktionen
Adi Gross (52) ist einer der 19 neuen Abgeordneten. Im Klub der Grünen (sechs von 36 Mandaten) ist mit Vahide Aydin eine einzige erfahren Abgeordnete. Nach 30 Jahren Oppositionsarbeit müssten sich die Grünen nun umstellen, sagt Gross. Mit der neuen Rolle müsse man erst lernen umzugehen, sagt der frühere Energiebeauftragte der Landesregierung. Gross: "Wir werden uns aktiv um ein konstruktives und gegenseitig unterstützendes Verhältnis zur ÖVP bemühen."
Die Volkspartei muss sich ebenfalls umstellen._Sie hat mit 16 Mandaten vier weniger als in der letzten Legislaturperiode und verlor zwei Regierungssitze. Die Klubspitze bleibt mit Roland Frühstück gleich.
Die FPÖ-Fraktion ist, abgesehen vom neuen alten Klubobmann Dieter Egger, runderneuert. Fünf ihrer neun Abgeordneten sind erstmals im Landtag. Neu bei der SPÖ ist im Dreierteam Landesgeschäftsführer Reinhold Einwallner. Michael Ritsch bleibt trotz massiver Verluste. Vorerst. (Jutta Berger, derStandard.at, 15.10.2014)