Im Schnitt hielt es ihn nie länger als zwei Jahre bei einer Firma. Dann war er auch schon wieder weg. Eine besondere Affinität zu Zahlen begleitete ihn auf all seinen beruflichen Stationen. Sollte David Davies (59) kommendes Jahr die Nachfolge von Gerhard Roiss an der Spitze der OMV antreten, müsste er mehr tun, als die Zahlen im Auge zu behalten. Er müsste Ruhe in den Konzern bringen.

Ohne die explosive Stimmung, die sich in Österreichs größtem Industrieunternehmen aufgebaut hat, wäre er wohl nie als Kandidat für den Chefposten genannt worden. Bis zuletzt ist erwartet worden, dass der Aufsichtsrat ihn Dienstagabend bestellt, was dann doch nicht geschehen ist.

Er sei zurückhaltend, freundlich im Ton, aber durchaus zu Klarheit und Schärfe fähig, sagen Leute, die ihn besser kennen. Und: Er könne zuhören. Das ist auch dringend nötig, gilt es doch die stark verunsicherte OMV-Truppe wieder auf ein gemeinsames Ziel einzuschwören. Dem fließend Deutsch sprechenden Davies, der seit 2011 auch stellvertretender Generaldirektor ist, könnte das gelingen. Zudem sei er durch viele, viele Meetings mit Analysten kapitalmarktgestählt. Die Chance wäre groß, dass er irritierte Anleger rasch wieder beruhigen könnte. Auf den früheren Jobhopper Davies, der in so unterschiedlichen Branchen wie Gesundheit, Nahrungsmittel und Chemie Berufserfahrung gesammelt hat, käme auf jeden Fall eine Herkulesaufgabe zu. Er müsste alles anders, sprich besser, machen, andererseits aber Kontinuität garantieren. Letzteres wäre noch die geringste der Herausforderungen.

Bei der OMV hat Davies nämlich schon 2002 angedockt, was für seine Begriffe fast eine Ewigkeit her ist. Der Sohn eines Bauarbeiters aus Liverpool, der Volkswirtschaft studiert hat und ausgebildeter Wirtschaftsprüfer ist, folgte als Finanzvorstand unmittelbar auf Wolfgang Ruttenstorfer, der damals Richard Schenz als Ge neraldirektor der OMV abgelöst hat. Zweimal (2005 und 2012) wurde Davies als CFO (Chief Financial Officer) des Jahres ausgezeichnet.

Dass der verheiratete Vater dreier Kinder, der gern Rad fährt und fischen geht, bei der anschließenden Feier die Tischrunde unterhalten würde, ist nicht überliefert. "Das ist nicht so seines", heißt es aus seinem Umfeld. Davies sei eher der introvertierte Typ, wenn auch mit humoristischen Einsprengseln. Humor für Fortgeschrit tene – zumindest in dieser Beziehung sei er "very british". (Günther Strobl, DER STANDARD, 15.10.2014)