Bild nicht mehr verfügbar.

Die Experten wünschen sich verpflichtende Unterrichtsstunden in Wiederbelebung.

Foto: Mario Vedder/dapd

Allein in Österreich erleiden Jahr für Jahr bis zu 10.000 Menschen einen Herzstillstand außerhalb von Spitälern, die meisten davon in der eigenen Wohnung. In sechs von zehn Fällen sind andere Personen anwesend. Daraus ergebe sich ein enormes Potenzial für lebensrettende Maßnahmen durch Laien, sagte der Leiter des Referats für Notfall- und Rettungsdienste sowie Katastrophenmedizin der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Michael Lang am Mittwoch in einer Aussendung.

"Rette deine Liebsten" sei daher auch das Motto des zweiten europäischen Tags der Wiederbelebung am 16. Oktober, ergänzte der Präsident des Österreichischen Rats für Wiederbelebung (ARC), Michael Baubin von der Innsbrucker Uniklinik für Anästhesie und Intensivmedizin. Beide Experten forderten jährliche, verpflichtende Unterrichtsstunden in Wiederbelebung für alle österreichischen Schülerinnen und Schüler.

Pflichtfach Wiederbelebung

Vor allem in den skandinavischen Ländern und in den Niederlanden sei die Bereitschaft der Bevölkerung, Wiederbelebungsmaßnahmen zu setzen, deutlich höher, betonte auch die Sprecherin des ÖÄK-Schulärztereferats, Gudrun Weber: "Das liegt in erster Linie daran, dass Schülerinnen und Schüler dort seit mehr als zehn Jahren in der Schule lernen, wie man Menschen wiederbelebt."

Einen wichtigen Schritt in diese Richtung habe nun Wien gesetzt: Mit Beginn des aktuellen Schuljahres würden hier alle Volksschüler der dritten Klasse zwei Einheiten "Wiederbelebungsunterricht" absolvieren. "Auch in Österreich könnten langfristig durch das beherzte Eingreifen von Laien bis zu 1000 Menschen pro Jahr einen Herzstillstand überleben. Um das zu erreichen, müssen wir aber bei den Kindern und Jugendlichen anfangen, nach dem Motto: Du könntest deinen Eltern das Leben retten", so Lang.

Nur Nichtstun ist falsch

Allein aufgrund des wachsenden Anteils älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung sei mit einem Anstieg der Fälle von plötzlichem Herzstillstand zu rechnen, so der Notfallmediziner Baubin. Gleichzeitig sei ein Drittel der jährlich von Herzstillstand Betroffenen unter 65 Jahre. "Würden zufällig anwesende Ersthelfer auch in Österreich sofort mit Herzdruckmassagen beginnen, könnten sie jährlich bis zu tausend Menschen das Leben retten."

Denn die Spanne von durchschnittlich zehn Minuten zwischen Anruf in der Rettungsleitstelle und Eintreffen der Profis am Einsatzort lasse sich trotz eines hervorragenden Rettungswesens nicht weiter verkürzen. Wenn in dieser Zeit keine Herzdruckmassage durchgeführt werde, stoppe die Blutzirkulation und das Gehirn werde nicht mehr mit Sauerstoff versorgt. Die größten Hindernisse für Laien seien nach wie vor fehlende Kenntnisse in Herzdruckmassage und die Angst, etwas falsch zu machen. "Aber das einzig Falsche ist, nichts zu tun", so die einhellige Meinung aller Experten. (red, derStandard.at, 15.10.2014)