APEX-Aufnahme der Spinnennetz-Galaxie und der sie umgebenden Protogalaxien.

Foto: ESO

Wien - Über zehn Milliarden Lichtjahre von uns entfernt befindet sich das Objekt MRC 1138-262, das den Spitznamen "Spinnennetz-Galaxienhaufen" erhielt: Hubble-Bilder zeigten in der seit 20 Jahren untersuchten Region eine Ansammlung kleinerer Galaxien aus der Frühzeit des Universums, die sich um eine zentrale Galaxie mit einem supermassereichen Schwarzen Loch gruppieren und möglicherweise am Beginn eines Verschmelzungsprozesses stehen.

Astronomen der Universität Wien sprechen von einem der besten Beispiele für einen "Proto-Galaxienhaufen", also einen noch in der Entstehung begriffenen Galaxienhaufen. Helmut Dannerbauer und Bodo Ziegler gelang zusammen mit einem internationalen Team mit Hilfe des APEX-Teleskops erstmals eine vollständige Erfassung der Sternentstehung in der Region. Über ihre Ergebnisse berichten sie im Fachmagazin "Astronomy & Astrophysics".

Hinter dem Staubschleier

Die Astronomen nahmen die Region bei Wellenlängen im Millimeterbereich insgesamt 40 Stunden lang ins Visier, um hinter die dortigen ansonsten lichtundurchlässigen Staubansammlungen blicken zu können. Bei diesen Wellenlängen, die sich im Übergangsbereich zwischen Infrarot- und Radiostrahlung befinden, leuchtet der Staub, anstatt absorbierend zu wirken.

Die APEX-Beobachtungen zeigten, dass es etwa vier Mal mehr massereiche Protogalaxien im Spinnennetz-Haufen gibt als in dessen Umfeld. Dannerbauer dazu: "Die neuen APEX-Beobachtungen enthüllen uns eine kosmische Baustelle, auf der es ebenso staubig zugeht wie auf einer irdischen Großbaustelle. Wir haben 16 Submillimeter-Galaxien mit sehr starker Sternentstehung entdeckt, wo jährlich Sterne mit insgesamt 1.000 bis 2.000 Sonnenmassen entstehen."

Asymmetrie

Zur Überraschung der Wissenschafter entstehen die Sterne aber nicht wie vermutet an den Kreuzungspunkten der langen Filamente der einzelnen Galaxien. Die Sternfabriken sind fast ausschließlich in einer einzigen Region konzentriert, die nicht einmal in der Nähe der zentralen Spinnennetz-Galaxie liegt. Der Galaxienhaufen entwickelt sich offensichtlich asymmetrisch.

Die Wissenschafter gehen davon aus, dass sich die beobachteten Sternentstehungsgebiete zu elliptischen Galaxien entwickeln - ähnlich denen, die heute in nahen Galaxienhaufen zu sehen sind. (red, derStandard.at, 18. 10. 2014)