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In der OMV sind nach der Marathonsitzung viele Baustellen aufgerissen worden. Jetzt soll das Unternehmen Schritt für Schritt wieder in ruhigere Fahrwasser geführt werden.
Wien - Die Wogen rund um die OMV gehen auch nach der Bestätigung des Abgangs von Generaldirektor Gerhard Roiss Mitte nächsten Jahres hoch. "Ein Manager, dessen Abgang unter vergleichbaren Rahmenbedingungen erfolgt, ist in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt", sagte ein Manager aus einer anderen Branche dem STANDARD. In der Politik spricht man in solchen Fällen von einer Lame Duck - einer lahmen Ente.
Auch auf dem Kapitalmarkt ist die Entscheidung, die viele Fragen offenlässt, nicht gut angekommen. Der Kurs der OMV-Aktie verlor am Mittwoch in einem schwachen Umfeld mehr als ein Prozent. Seit Sommer, als der in der Führungsetage ausgebrochene Streit über die künftige Strategie des Unternehmens nach außen gedrungen war, hat das OMV-Papier fast 30 Prozent verloren. In absoluten Zahlen sind das rund 3,5 Milliarden Euro an Wertverlust.
Floren ohne Portefeuille
Anders als von OMV-Präsident und ÖIAG-Chef Rudolf Kemler angepeilt, wurde in der OMV-Aufsichtsratssitzung nicht OMV-Finanzvorstand David Davies als Roiss-Nachfolger installiert. Stattdessen engagiert die für die Generalsbestellung zuständige Staatsholding ÖIAG (als Verwalterin der 31,5 Prozent der Republik) einen Headhunter, der möglichst rasch einen geeigneten Kandidaten finden soll.
Laut Beobachtern war Aufsichtsrat Helmut Draxler der Einzige in der Sitzung, der sich für Roiss eingesetzt habe. Draxler habe sechs Stunden lang für ihn Partei ergriffen - bis die Nerven der anderen OMV-Kontrollore blankgelegen seien. Roiss habe sich lange "ordentlich gewehrt", dann aber doch unterschrieben - im Gegensatz zu Gasvorstand Hans-Peter Floren, der mit Roiss bereits im Sommer zusammengekracht war. Der war nicht bereit zu unterschreiben, weswegen ihn der Aufsichtsrat per 1. Jänner 2015 zum Vorstand ohne Portefeuille gemacht hat.
Im Hintergrund sollen Gespräche laufen, die in eine Trennung per Jahresende münden könnten. Fix jedenfalls ist, dass "sein" Geschäftsbereich Gas per 1. Jänner zu Vorstandsdirektor Manfred Leitner kommt. Aus Refining und Marketing, das Leitner bisher verantwortet, wird der neue Geschäftsbereich Downstream gezimmert.
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Teuer wird das Revirement im OMV-Turm in jedem Fall. Zumindest Roiss, der seit 1. April Generaldirektor der OMV ist und dessen Vertrag erst im vorigen Herbst bis 2017 verlängert wurde, hat Anspruch auf eine millionenhohe Abfertigung.
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner habe dem OMV-Chef bis vor rund vier Wochen (also bei der "ersten Attacke Kemlers") die Stange gehalten, damals habe auch der Vizekanzler eingesehen, dass Roiss nicht zu halten ist.
Kemler sei in der Sitzung sehr unter Druck geraten und habe "sehr viel schlucken müssen", sei also stark kritisiert worden. Ihm wird mitgeteilt werden, dass nicht beabsichtigt sei, seinen Vertrag über den 31. Oktober 2015 hinaus zu verlängern. Der Beschluss dazu soll am Donnerstag nächster Woche in einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung der ÖIAG fallen. Würde man ihm das nicht mitteilen, würde sein Vertrag automatisch verlängert.
Eiseskälte im Vorstand
Der Aufsichtsrat hat beschlossen, einen Personalberater mit der Suche nach einem Nachfolger für Roiss zu beauftragen. Im Vorstand der OMV habe seit Ausbruch der Streitigkeiten Eiseskälte geherrscht. In den Sitzungen musste jedes Wort protokolliert werden, die üblichen Resümeeprotokolle habe es seither nicht mehr gegeben. Teilweise hätten Roiss und andere Vorstandsmitglieder nur noch über ihre Rechtsanwälte miteinander verkehrt, beschreibt ein Informierter die angespannte Situation.
Die Kälte ist sozusagen in die Ebenen darunter diffundiert: Die Mitglieder der Stäbe der Vorstandsmitglieder durften nicht mehr miteinander reden, laut Mitarbeitern sei die Lagerbildung in der OMV so weit gegangen, dass sich die Mitarbeiter der verfeindeten Manager nicht einmal mehr beim Mittagessen an einen Tisch setzen durften. (stro, gra, ung, DER STANDARD, 16.10.2014)