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Anhänger von Schlagersänger Udo Jürgens "demonstrierten" Ende September im Bademantel auf der Wiener Ringstraße. Mit solchen "Spaßdemos" müsse man leben, sagen die Grünen.
Wien - Der 80. Geburtstag von Udo Jürgens brachte nicht zur zahlreiche Porträts über die Schlagerlegende mit sich, sondern auch eine Debatte um das Demonstrationsrecht. Madame Tussauds Wien hatte zur Bademantel-Demo aufgerufen. Nicht ganz selbstlos, schließlich galt es auch, die Udo-Jürgens-Wachspuppe zu bewerben. Die Kritik war laut. Den Ring sperren für eine Werbeveranstaltung? Sogar Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) schaltete sich letztlich ein und kündigte an, rechtlich prüfen zu lassen, ob man sogenannte Spaßdemos örtlich verlegen kann.
Die Grünen nehmen die Debatte nun zum Anlass, um eine Stärkung des Demonstrationsrechts zu fordern. Mit Spaßdemos auch auf der Ringstraße müsse man leben, sagt Verfassungssprecherin Daniela Musiol zum Standard. Denn es bestehe das Recht auf Versammlungsfreiheit, und daran sei nicht zu rütteln. Es dürfe erst gar nicht damit begonnen werden, hier zwischen Versammlungen aus kommerziellen oder nichtkommerziellen Gründen zu unterscheiden. Denn das führe zu einer Aufweichung.
Zeit für die Anfechtung
Den Grünen geht es in erster Linie darum, dass bei Demos, die untersagt werden, für die Anfechtung dieser Entscheidung genügend Zeit bleibt. Im Moment ist es so, dass man eine Versammlung mindestens 24 Stunden vor Beginn anmelden muss. Wenn die Polizei diese nicht untersagt, dann kann sie stattfinden.
Aber die Polizei kann die Versammlung auch untersagen, etwa wenn die öffentliche Sicherheit gefährdet wird. Man kann dann zwar Einspruch erheben, aber der Beschluss der Landesverwaltungsgerichte kommt in der Regel erst nach dem Zeitpunkt, an dem die Versammlung eigentlich hätte stattfinden sollen.
"Gesetz nachschärfen"
Musiol plädiert nun dafür, das Gesetz nachzuschärfen. Seit die Landesverwaltungsgerichte für die Einsprüche zuständig sind und nicht mehr die Unabhängigen Verwaltungssenate (UVS), sei zwar im Gesetz festgeschrieben, dass "unverzüglich" zu entscheiden sei. De facto fallen die Entscheidungen aber zu spät, nämlich nach dem ursprünglich anvisierten Datum. Und man weiß auch erst im Nachhinein: Hat die Polizei zu Recht oder zu Unrecht gehandelt?
Denkbar sind für die Grünen zwei Varianten: Die Anmeldefrist einer Versammlung vorzuverlegen ("Viel früher aber nicht."). Oder die Gerichte zu verpflichten, schneller zu entscheiden. "Gerichte müssen ja auch bei Gewaltdelikten sehr schnell urteilen: Passieren Wegweisungen zu Recht? Das sollte auch beim Verwaltungsgericht möglich sein."
Diskussion um Routenverlegung
Von einer "Einschränkung der Versammlungsfreiheit", wie sie bei der Routenverlegung von Spaßdemos angedacht wurde, hält Musiol nichts. "Die Diskussion lenkt von den wahren Problemen ab. Nämlich, dass in Wien schon lange die Kultur herrscht, Demonstrationen von Hauptrouten wegbekommen zu wollen."
Der Zweck einer Versammlung sei dann nicht mehr erfüllt: "Sichtbar zu werden und sich seinen Platz in der Öffentlichkeit zu nehmen." (Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 17.10.2014)