Belgrad/Tirana - Nach dem Länderspiel zwischen Serbien und Albanien am Dienstag, als eine Drohne mit einer großalbanischen Fahne über das Stadion flog und das Spiel wegen Ausschreitungen abgebrochen werden musste, geht der politische Schlagabtausch zwischen Belgrad und Tirana weiter.
"Nach dem Attentat auf die Herstellung freundschaftlicher Beziehungen zwischen Serbien und Albanien ist offensichtlich, dass Albanien Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte brauchen wird, um ein normaler Staat zu werden, der Serbien nicht hasst", erklärte Serbiens Präsident Tomislav Nikolic. Er sprach von einem Versuch, "Unruhen in Serbien auszulösen und die gesamte Region zu destabilisieren".
Premier Aleksandar Vucic sprach von "albanischen Extremisten", die Serbien als intolerantes Land darstellen und dessen Bürger erniedrigen wollten. "Sie wollten unseren Stolz verletzen, aber wir konnten unser Gesicht wahren und haben der Bande falscher albanischer Funktionäre in der VIP-Loge (im Stadion in Belgrad) den klaren Unterschied zwischen uns und denen gezeigt", so Vucic. In der Loge saß auch Olsi Rama, Bruder des albanischen Premiers. Vucic sagte noch, er allein würde die Entscheidung treffen, ob er Edi Rama nächste Woche, wie es vorgesehen war, nach allem, was geschehen ist, in Belgrad empfangen würde.
Fußball "kein politisches Instrument"
Rama, der gerade in den USA war, ließ auch offen, ob der historische Besuch stattfinden wird. Er sagte aber: "Fußball soll kein politisches Instrument werden, und die Politik keines Landes soll davon geleitet sein, was auf einem Fußballfeld passiert." Tirana sieht die Tatsache, dass Olsi Rama beschuldigt wurde, die Drohne gesteuert zu haben, als "Politisierung des Matches" an. Olsi Rama sagte, er sei von dem Vorwurf "angewidert".
In Tirana fordert man Beweise und ein Ende der "Propaganda". Laut "Balkaninsight" gab das Büro von Vucic die Information an CNN weiter, dass Olsi Rama die Drohne gesteuert habe. Tatsächlich wissen die Behörden noch nicht, wer dafür verantwortlich ist. Belgrad fordert aber eine Entschuldigung Tiranas für die Provokation. Das serbische Außenministerium reichte beim albanischen Botschafter in Belgrad eine Demarche ein.
Insbesondere der Jubel der albanischen Fans bei der Rückkehr der Fußballer wird als Provokation gesehen. Der Balkan-Experte Florian Bieber von der Uni Graz meint, dass es auch problematisch sei, dass die albanische Regierung den Vorfall mit der Fahne nicht verurteilt habe und dass in Albanien nicht klar genug darauf verwiesen werde, dass es sich nicht um die Staatsflagge, sondern um eine Zeichnung eines "Großalbaniens" handelte, wie es von Ultranationalisten gewünscht wird.
In Belgrad gibt man gewisse Versäumnisse in den Sicherheitsvorkehrungen beim Match zu, weist jedoch jegliche Verantwortung für den Zwischenfall zurück. In Serbien wurden zwei albanische Bäckereien in Brand gesetzt. In Mitrovica im Kosovo wurde eine serbische Fahne verbrannt. (iva, awö, DER STANDARD, 17.10.2014)