Für den endgültigen Schritt in die Selbstständigkeit fordert SOS Kinderdorf mehr Zeit.

Foto: Regine Hendrich

Wien - Derzeit verlieren alle Jugendlichen, die in Fremdunterbringung aufwachsen, mit ihrem 18. Geburtstag jeden Anspruch auf Kinder- und Jugendhilfe. Ein besonderes Problem dabei ist laut SOS-Kinderdorf-Geschäftsführer Christian Moser die "Drittelregelung": Bevor sie volljährig werden, müssen Jugendliche schon zwei Drittel ihrer Ausbildung absolviert haben, um überhaupt noch Unterstützung zu bekommen. Das mache einen Schul- oder Berufswechsel nahezu unmöglich.

SOS-Kinderdorf fordert daher mehr Bewusstsein für Kinder- und Jugendrechte in Österreich. Geschäftsführer Christian Moser stellte am Freitag die Kampagne "Alle Stimmen für deine Rechte" vor. Das Ziel: Familien- und Jugendministerin Sophie Karmasin (ÖVP) solle ein Gesetz erarbeiten, das die Jugendhilfe um drei Jahre verlängert. Mit der 18plus-Hilfe könnten auch Volljährige weiterhin institutionell unterstützt und betreut werden.

Bereits im Jahr 2008 gab es einen entsprechenden Entwurf, der festlegte, dass Jugendliche die Möglichkeit haben sollten, bis zu ihrem 21. Geburtstag Betreuung in Anspruch zu nehmen. Dieser wurde aber so nicht umgesetzt, und bis heute fehlt dafür jede rechtliche Grundlage. Laut Moser sei die Zuständigkeit dafür noch nicht geklärt. SOS-Kinderdorf führe derzeit aber Gespräche mit Bund und Ländern.

Weiterhin Strukturen geben

Das abrupte Erwachsenwerden sei nicht nur ein Problem für Kinder, die nicht bei den Eltern aufwachsen, sagt Pädagogin Elisabeth Hauser. Rund 70 Prozent der 21-Jährigen wohnen in Österreich heute noch zu Hause. Die angestrebte Gesetzesänderung betrifft Jugendliche aus allen privaten Betreuungseinrichtungen. Wer Anspruch auf weiterführende Unterstützung hat, soll im Einzelfall mit den Betroffenen selbst und deren Betreuern geklärt werden.

Laut Hauser seien das in Wien und Niederösterreich derzeit 270 Jugendliche, die den Schritt ins selbstständige Leben nicht auf Anhieb geschafft haben. Die 18plus-Hilfe solle nicht nur Unterstützung bei der Ausbildung, sondern auch Strukturen im Alltag bieten.

Prominente Unterstützung

Zahlreiche heimische Prominente engagieren sich für das Anliegen der SOS-Kinderdorf-Kampagne. Mit dem eigens komponierten Song "Our Voice" wollen sie den Jugendlichen ihre Stimme geben. Offiziell vorgestellt wird der Song am "Tag der Kinderrechte", der heuer gleichzeitig mit dem 25. Jubiläum der UN-Kinderrechte, am 20. November stattfindet. (ah, DER STANDARD, 18.10.2014)