Wien – Die Atmosphäre beim Endschliff für die U-Ausschuss-Reform war derart ersprießlich, dass der Grüne Peter Pilz sogar über ein erlaubtes Schwärzen von Akten mit sich reden ließ – nämlich für den Fall, dass beim Auffliegen der Identität von Personen in bestimmten Causen deren "Leib und Leben" gefährdet wäre.

Während in den bisherigen Untersuchungsgremien viel Zeit für Streit über das Unkenntlichmachen von angelieferten Unterlagen aufgewendet wurde, verhandelten die Fraktionen am Montag friedlich über die konkrete Ausgestaltung der neuen Verfahrensregeln. Um 16:00 Uhr stand die Einigung – und das Reformwerk wird am Mittwoch als Fünf-Parteien-Antrag im Parlament eingebracht. Nach einer drei- bis vierwöchigen Begutachtung durch die Ministerien und die Länder steht dann einem Beschluss nichts mehr im Wege – und damit einem U-Ausschuss zum Fall Hypo, der im März seine Arbeit aufnehmen soll.

Historischer Dank

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder sprach von "vernünftigen Umgangsformen", die es in den anstehenden U-Ausschüssen geben wird. Gernot Darmann von der FPÖ freute sich, dass nicht mehr die Regierungsfraktionen benötigt werden, um die Regierung zu kontrollieren. Und Dieter Brosz von den Grünen sowie Beate Meinl-Reisinger von den Neos bedankten sich bei den Koalitionären dafür, dass sie das "historische Ereignis" möglich gemacht haben.

Zur Erinnerung: Einzig das Team Stronach kann sich nicht mit der Reform anfreunden, weil ihm die Verfahrensordnung zu wenig weit geht. Doch damit das Einsetzen von Kontrollgremien zum Minderheitsrecht wird, war von allen Seiten Kompromissbereitschaft nötig. Bald kann ein Viertel der Abgeordneten ein Durchleuchten von Skandalen beschließen.

Kompromisse und Abstriche

Pilz, der für die Zeit nach der Hypo-Untersuchung schon über einen U-Ausschuss zu den Umtrieben der NSA nachdenkt, verhandelte mit Rot und Schwarz etwa darüber, wie gefährdete Quellen zu schützen sind – ein entsprechender Passus sollte noch in die Geheimhaltungsregeln für Aktenmaterial, das mit jeweils vier Vertraulichkeitsstufen belegt wird.

Steht die Existenz für Schlüsselfiguren auf dem Spiel, ist der grüne Aufdecker damit einverstanden, dass deren Daten unleserlich gemacht werden. Pilz nennt hier die Mitarbeiter des Heeresnachrichtenamtes als Beispiel, die im Ausland Dienst versehen – und die beim Publikwerden ihrer Identität um ihr Leben zittern müssten. "Diese Namen müssen geschützt sein", so der Grüne zum STANDARD.

Wenn sich U-Ausschuss-Mitglieder nicht an ihre Pflichten halten, riskieren sie viel: Bis zu drei Jahre Haft drohen Abgeordneten (und Bundesräten), wenn sie "geheime" oder "strenge geheime" Unterlagen öffentlich machen, oder wenn sie jemanden im U-Ausschuss verleumden. Medien machen sich nur strafbar, wenn sie einen Abgeordneten zum Herausrücken derartiger Akten anstiften.

Weiterarbeiten trotz Streit

Auch die ÖVP hat bei der Reform Abstriche gemacht, wie Klubchef Lopatka erklärt. Zwar wird, wie von Schwarz begehrt, neben dem Vorsitzenden, also einem der drei Parlamentspräsidenten, ein Verfahrensrichter sitzen, der die Erstbefragung und die Endbefragung von Zeugen durchführt und so zur "Rechtsstaatlichkeit" des Ablaufs beiträgt. Allerdings: Die Opposition hat erwirkt, dass der Wächter über das Verfahren auf Vorschlag der Vorsitzenden abgewählt werden kann.

Entsteht trotz alledem wieder Streit, kann der Verfassungsgerichtshof angerufen werden, der binnen vier Wochen einen Entscheid fällt. Dass die Parteien hier ihre Rechte ausreizen könnten, weist Lopatka zurück: "Es kann zu leichten Verzögerungen kommen, aber nicht zu permanenten, weil im Hintergrund weitergearbeitet wird." (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 21.10.2014)