Wien - Nach den umstrittenen Äußerungen der früheren Justizministerin über Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien prüft nun das Oberlandesgericht Graz die Causa. Es handelt sich laut Justizministerium um eine Routineprüfung in der Frage, ob die Ex-Ministerin in ihrem Beruf als Richterin dienstrechtliche Konsequenzen erwarten.

Konsequenzen werden geprüft

Dem für Wiener Disziplinarangelegenheiten zuständigen OLG Graz wurde das Interview zur Prüfung etwaiger Verstöße gegen das Richterdienstgesetz vorgelegt. Das bestätigte das OLG Graz auf derStandard.at-Anfrage. Nun wird der Anfangsverdacht geprüft - nur wenn sich dieser erhärtet, wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet, so eine Gerichtssprecherin. Zeitliche Vorgaben gibt es dafür nicht.

Richter und Richterinnen müssen sich laut Gesetz jedenfalls "im und außer Dienst so verhalten, dass das Vertrauen in die Rechtspflege sowie das Ansehen ihrer Berufsstände nicht gefährdet wird".

Faymann will mit ÖVP reden

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) fand nach dem Ministerrat scharfe Worte zu Bandion-Ortners Aussagen. Diese seien "ausgesprochen verfehlt". Der SPÖ-Chef hat sich bereits Informationen über den Vertrag mit dem König-Abdullah-Zentrum bestellt. Zunächst wolle er die Gelegenheit haben, sich die Unterlagen anzuschauen.

Nach der Rückkehr der ÖVP-Delegation aus China will Faymann außerdem mit Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Außenminister Sebastian Kurz - die beiden warenreisebedingt heute nicht beim Ministerrat - und Finanzminister Hans Jörg Schelling über den Fall sprechen

Richter-Präsident: Aussagen "schockierend"

Bestürzt reagierte zuvor auch der Vorsitzende der Richtervereinigung, Werner Zinkl, auf die umstrittenen Aussagen von Ex-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner zur Todesstrafe in Saudi-Arabien. Die karenzierte Richterin hatte im "Profil" gemeint, dass nicht jeden Freitag geköpft werde. Diese "Verharmlosung der Todesstrafe" sei "eigentlich schockierend", meinte Zinkl.

Er verstehe Bandion-Ortner nicht, meinte der Präsident der Richtervereinigung. Denn eigentlich wäre es angemessen gewesen, wenn sie sich bei einem Besuch in Saudi-Arabien dort gegen die Todesstrafe ausgesprochen hätte. Stattdessen verharmlose sie diese.

Zinkl hatte zuvor auch Bandion-Ortners Aussagen zur verpflichtenden Verhüllung von Frauen in Saudi-Arabien kritisiert. Zur sogenannten Abaya meinte die Ex-Ministerin im Interview nämlich: "Ein angenehmes Kleidungsstück. Sie hat mich ein bisschen an den Talar erinnert." Auch diesen Vergleich mit der Richterkleidung sieht Zinkl als "sehr bedenklich".

"Aus dem Kontext gerissen"

Das König-Abdullah-Dialogzentrum, dessen Vize-Generalsekretärin Bandion-Ortner ist, teilte am Dienstag auf Anfrage von derStandard.at mit, dass das Interview nicht autorisiert gewesen sei. Außerdem sei der Wortlaut "nicht korrekt und war aus dem Kontext gerissen". Sie habe im Interview "wiederholt ihre klare Ablehnung der Todesstrafe geäußert". Zuvor hatte Außenminister Sebastian Kurz eine Klarstellung gefordert.

Die Profil-Redaktion wiederum erklärte in einer Aussendung, dass die Passage zuvor zwar abgeändert werden musste, in ihrer veröffentlichten Form aber autorisiert gewesen sei. Außerdem existiere ein "Tonband" des Gesprächs. Auch via Twitter wurde eine Nichtautorisierung vonseiten des "Profil" dementiert.

Staatlicher Beitrag unklar

Unklar ist laut Ö1-"Morgenjournal", wie hoch die staatliche Unterstützung Österreichs für das König-Abdullah-Zentrum ist: Während Bandion-Ortner selbst bereits im Juli 2012 sagte, sie sei eine Personalsubvention des Justizministeriums an das Zentrum, so heißt es im Ministerium, die Zuteilung sei erst ab 1. August erfolgt und habe drei Monate gedauert.

Auch in der Frage des Ausmaßes der Steuererleichterungen und sonstigen Förderungen des umstrittenen Zentrums herrscht keine Transparenz. (red, APA, 21.10.2014)