Zwei kreisförmige Raman-Laser werden aneinander gekoppelt und durch eine Licht-Faser mit Energie versorgt (siehe gelbe Linie).

Illu: J. Zhu/B. Peng/S.K. Ozdemir/L. Yang

Fügt man einem der beiden Laser Verluste zu, wie durch den absorbierenden Streuer rechts, beginnt das gekoppelte System zu lasen und emittiert einen kohärenten Lichtstrahl (siehe rote Linie).

Illu: J. Zhu/B. Peng/S.K. Ozdemir/L. Yang

Wien - Üblicherweise bemüht man sich mit allen Mitteln, Verlust in Systemen möglichst zu unterdrücken - etwa wenn ein Signal gedämpft oder Energie in eine andere Form umgewandelt wird. Seit kurzem gelingt es aber, einen solchen Verlust zu kontrollieren und nutzbar zu machen, wie Forscher der Technischen Universität (TU) Wien in einem neuen Versuch mit Lasern zeigen konnten.

Bereits vor zwei Jahren haben Matthias Liertzer und Stefan Rotter vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien auf Basis von Computersimulationen ein paradoxes Verhalten von Lasern vorhergesagt. Demnach würden zwei gekoppelte Mikro-Laser nicht heller leuchten, wenn beide eingeschaltet werden. Vielmehr würden sie sich durch komplizierte Wechselwirkungen gegenseitig so stark beeinflussen, dass sie schließlich gar kein Licht mehr abstrahlen bzw. umgekehrt sich einschalten, wenn man den Lasern Energie entnimmt.

Unabhängig vom Wellenlängenbereich

Im Juni dieses Jahres berichteten die beiden Forscher im Fachjournal "Nature Communications" von der ersten experimentellen Bestätigung dieses Phänomens mit Hilfe von sogenannten Terahertz-Quantenkaskadenlasern. Nun veröffentlichten sie gemeinsam mit Kollegen aus den USA und Japan im Fachjournal "Science" ein neues Experiment mit einem weiteren Laser-System, diesmal im Infrarot-Bereich.

Zwei winzige kreisförmige Laser, sogenannte Raman-Laser, wurden dabei in unmittelbarer Nähe zueinander platziert und eine feine Spitze aus Chrom in das System eingebracht, die Licht stark absorbiert. Auch hier zeigt sich das paradoxe Verhalten: Wenn der Lichtverlust durch die Chromspitze einen bestimmten Wert erreicht, beginnen die Laser zu leuchten.

"Gerade in der optischen Telekommunikation, wo man üblicherweise Verluste mit allen Mitteln verhindern will, ist es nicht eingängig, dass man mit Lichtverlust einen Laser einschalten kann", so Rotter. Interessant könnte ein solches Verhalten für neue elektro-optische Schaltungen sein, die Kopplung von zwei Lasern würde ein breites Repertoire an nicht-trivialen Schaltungsmöglichkeiten bieten.

Das Phänomen sei im Prinzip unabhängig vom Wellenlängenbereich, so Rotter. Deshalb denken die Wissenschafter in einem breiteren Kontext über die mögliche Nutzung von Verlusten nach.

Entartungspunkte gezielt ansteuern

Erklären kann man das Verhalten mathematisch: So lassen sich Eigenschaften von Lasern durch Gleichungen sehr gut beschreiben und verstehen. Dabei treten bei Gleichungen, die die Koppelung zwischen zwei Lasern beschreiben, sogenannte Entartungspunkte auf - und genau an diesen zeigen die Laser ihr paradoxes Verhalten. Im aktuellen Experiment etwa, bei dem der Lichtverlust mit der Chromspitze fein dosiert werden kann, beginnen die Laser genau dann zu leuchten, wenn das System in die Nähe des Entartungspunktes kommt.

Auch wenn man Entartungspunkte und die Konsequenzen daraus schon länger kennt, habe es sehr lange gedauert, diese mathematischen Konzepte in physikalischen Systemen zu realisieren, so Rotter. Nun werde nach Möglichkeiten gesucht, verschiedene Systeme zu einem Entartungspunkt hinzusteuern und dort Verlusteffekte ähnlich zu nutzen wie beim Laser. Als Beispiel nennt Rotter Metamaterialien mit ungewöhnlicher Durchlässigkeit für elektrische und magnetische Felder, wo Verluste eine sehr große Rolle spielen. (APA/red, derStandard.at, 20.10.2014)