Zentrum oder Peripherie - der Unterschied wirkt sich auch auf ein Vogelleben aus. Nicht nur das Nahrungsangebot, sondern auch Lichtverhältnisse betreffend.

Foto: André Künzelmann/UFZ

Leipzig - Künstliches Licht wirkt sich nicht nur auf den Biorhythmus des Menschen aus. Bei Amseln etwa verlängert es die Nahrungsaufnahme. Vögel in Stadtzentren sind deshalb nicht nur wesentlich früher, sondern auch länger aktiv als ihre Verwandten in dunklerer Umgebung, berichten Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und der Universität Leipzig im Fachblatt "Journal of Ornithology".

Die Amsel - ein städtischer Waldvogel

Bereits im Vorjahr konnten die Wissenschafter zeigen, dass Straßenlärm und künstliches Licht dafür sorgen, dass Vögel im Stadtzentrum von Leipzig am Morgen bis zu fünf Stunden früher aktiv werden als ihre Verwandten in ruhigeren und unbeleuchteten Bereichen der Stadt Leipzig. Für die Studie hatten die sie die Amsel (Turdus merula) ausgewählt, da diese Vogelart ursprünglich ein Waldvogel war, sich jedoch seit dem frühen 19. Jahrhundert gut an die Bedingungen in Städten angepasst hat.

Für ihre Untersuchungen fingen die Ornithologen in den Jahren 2011 bis 2013 in einem 215 Hektar großen Gebiet in Leipzig rund 200 Amseln. Das Untersuchungsgebiet umfasste dabei sowohl einen großen, naturnahen (und daher unbeleuchteten) bewaldeten Randbereich wie auch hell beleuchtete innerstädtische Areale.

Die Vögel wurden vermessen, individuell markiert und wieder frei gelassen. Einige von ihnen wurden gezielt an 35 Tagen zwischen März und Juli bei ihrer Nahrungssuche beobachtet. "An den kurzen Tagen im März beendeten die Amseln im Wald ihre Nahrungssuche fast eine Stunde eher als ihre Artgenossen in der beleuchteten Innenstadt", berichte Anja Ruß von UFZ. "Je länger die Tage wurden, desto geringer wurde der Unterschied. Im Sommer waren es am Ende nur noch wenige Minuten Unterschied zwischen Stadt und Wald", so Ruß.

Männchen länger aktiv

Die Beobachtungen ergaben auch, dass in der beleuchteten Innenstadt die Männchen deutlich häufiger als letzte den Platz der Nahrungssuche verließen, während im Wald keine Unterschiede hinsichtlich Geschlecht und Uhrzeit feststellbar waren. Die Forscher führen dies auf die unterschiedliche Lichtsensibilität zurück: Von den Amselhähnen ist bekannt, dass sieinsgesamt etwas größer sind als Hennen - was auch für die Augen gilt.

"Größere Augen ermöglichen bessere Sicht bei schlechten Lichtverhältnissen" sagt Reinhard Klenke vom UFZ. Die Männchen hätten es daher in der Dämmerung leichter bei der Nahrungssuche als die Weibchen. Das künstliche Licht in der Stadt fördere diese Unterschiede zwischen den Geschlechtern noch zusätzlich und sorge dafür, dass die Männchen abends länger aktiv sein könnten.

Im Gegensatz zu früheren Vermutungen scheinen Stadtamseln von dem künstlichen Licht allerdings nicht körperlich zu profitieren. Die Forscher konnten bisher keine signifikanten Unterschiede bei der Körperkondition der beiden Gruppen feststellen. Neben dem Licht zur Nahrungssuche würden schließlich auch die Verfügbarkeit und Qualität des Futters sowie Feinde eine große Rolle spielen. (red, derStandard.at, 26.10.2014)