"Der Notausgang aus der DDR" heißt eine Recherchearbeit, die "Correctiv" über den Freikauf von politischen Häftlingen in der DDR veröffentlichte.

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David Schraven gründete die Rechercheplattform "Correctiv".

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Wien - "Es sind nicht immer nur die großen Geschichten wichtig", sagt David Schraven, "Relevanz haben auch die kleinen". Seit rund drei Monaten ist die deutsche Investigativplattform "Correctiv" mit Initiator Schraven am Start. Einen Einblick in seine Recherchen gab er am Dienstag beim "News Impact Summit" in Wien.

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Die jüngste Veröffentlichung von "Correctiv" ist erst wenige Tage alt. Sie trägt den Namen "Notausgang aus der DDR" und handelt vom "Freikauf politischer Häftlinge". Ein Handel, der zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR schon bald nach dem Mauerbau begann und bis 1989 insgesamt 33.755 politische Häftlinge aus ostdeutschen Gefängnissen befreite. Laut den Zahlen, die "Correctiv" in Zusammenarbeit mit dem Nachrichtenmagazin "Focus" aufbereitete, flossen für den Freikauf drei Milliarden D-Mark von der Bundesrepublik in Richtung DDR.

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Ein anderes Beispiel sind die "Spendengerichte", deren Geldflüsse Schraven mit seinem Team transparent machte. In Deutschland wurden in den letzten Jahren Hunderte Millionen Euro gezahlt, damit Strafverfahren eingestellt werden. Prominentestes Beispiel ist Formel 1-Boss Bernie Ecclestone, der 100 Millionen Dollar aus dem Ärmel schüttelte, um sich vor dem Gericht München freizukaufen.

Bei den Zahlungen handle es sich um Geld, das in weiterer Folge Richter und Staatsanwälte größtenteils "freihändig" vergeben, erzählt Schraven. Und nicht immer geht es an wohltätige Organisationen. "Correctiv" hat die Geldströme aus den deutschen Gerichten zusammengeführt und in einer Datenbank veröffentlicht. Auffällig sei, dass ein Verein namens "Memnon" in den letzten drei Jahren in den Genuss von über 62.000 Euro kam. Im Vorstand des Vereins, der Ausgrabungen in Ägypten finanziert, sitzen Richter. Weitere Profiteure der "Spendengerichte" seien etwa "Eisenbahnfreunde", Schützen- und Heimatvereine" oder "Karnevalsvereine", wie die Recherchen ergaben.

Drei Millionen Euro Anschubfinanzierung

"Transparenz" ist das Credo von "Correctiv", die Rechercheergebnisse werden über correctiv.org nachvollziehbar gemacht: "Wir veröffentlichen keine Interpretationen sondern Beweise, die jeder sehen kann", sagt Schraven. Die gemeinnützige Plattform wird mit drei Millionen Euro von der Brost-Stiftung finanziert, hinter der die Familie der einstigen WAZ-Gründer steht. Recherchen werden für oder im Auftrag von Medien durchgeführt. Assets sind die Datensätze, die verfügbar gemacht werden.

"Eine neue Waffe" gegenüber den Mächtigen nennt das Schraven. Es könne nicht mehr passieren, dass Aufdeckergeschichten so einfach ignoriert werden - wie das beispielsweise nicht selten bei Printtexten praktiziert wurde: "Leute sollen sehen, dass es kein Bullshit ist."

Keime in Krankenhäusern

Kein "Bullshit" wird auch die nächste Veröffentlichung sein, wenn man Schraven glaubt. Alleine in Deutschland sterben pro Jahr rund 40.000 Patienten, weil sie sich in Krankenhäusern mit multiresistenten Keimen infizieren. Um dieser Zahl Leben einzuhauchen, wird "Correctiv" dokumentieren, in welchen Krankenhäusern wie viele Leute daran sterben.

"Wir versuchen Daten zu bekommen, die Regierungen oder Versicherungen nicht publizieren wollen." In diesem Fall sei das Kunststück gelungen. Von der Recherche erwartet sich Schraven einen "großen Effekt" - auch gesundheitlicher Natur, denn: "Leute werden Druck ausüben, um die hygienischen Zustände in Krankenhäusern zu verbessern." (omark, derStandard.at, 21.10.2014)