Wien/Straßburg - Die große Mehrheit der österreichischen EU-Mandatare zeigt sich im Kern vom System der Hearings für die designierten Kommissionsmitglieder überzeugt. Und so tritt die große Mehrheit nach dem Abschluss des Prozesses in Straßburg auch für die Anhörung österreichischer Ministerkandidaten im Nationalrat ein.

"Selbstverständlich" sei er für die Adaptierung dieses transparenten europäischen Modells auf nationaler Ebene, unterstrich ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas: "Ich bin überhaupt dafür, dass der Entscheidungs- und Meinungsbildungsprozess für wichtige Themen viel transparenter sein muss und viel stärker auf Integrität und Kompetenz gesetzt wird." Das System sei ungeachtet des Klubzwangs an sich problemlos auf den Nationalrat umlegbar: "Das ist eine Frage des Selbstverständnisses der Abgeordneten: Regierungen sind dem Parlament verantwortlich und nicht Parlamente den Regierungen verpflichtet." Er sei eindeutig für eine deutlichere Darstellung der Gewaltentrennung auch in Entscheidungsprozessen - "und gegen die Parteipolitisierung von Personalentscheidungen."

Leichtfried: Nur bedingt vergleichbar

Etwas ambivalenter ist da Karas' SPÖ-Kollege Jörg Leichtfried, da Österreich und die EU nur bedingt vergleichbar seien: "Das System mit Klubzwang und einer Mehrheitsregierung ist natürlich ein anderes." In dieser Frage müsse also das Gesamtsystem betrachtet werden. Andererseits brächten Anhörungen natürlich verstärkte Transparenz. "Durch ein Hearing würde das breite Licht der Öffentlichkeit auf einen Kandidaten gerichtet, was ja auch nichts Schlechtes ist", so der SP-Delegationsleiter. Allerdings müssten dann noch zahlreiche Punkte geklärt werden: "Die Frage ist etwa, was passiert, wenn es einmal eine Minderheitsregierung gibt."

FPÖ dafür

Geradezu als EU-Freund outete sich in der Frage der Kommissarshearings FPÖ-Mandatar Georg Mayer: "Ich kann mir so etwas auch auf österreichischer Ebene vorstellen." Natürlich müsste dafür die Verfassung geändert werden, aber grundsätzlich plädierten die Freiheitlichen dafür, dass Minister nicht nur vom Bundespräsident angelobt, sondern vom Parlament befragt würden. "Das ist einmal ein positiver Aspekt, den wir aus der Europäischen Union mitnehmen können."

"Österreich muss da EU werden"

"Das Europäische Parlament setzt mit den Hearings der künftigen EU-Kommissarinnen und Kommissare sicher einen Standard, der auch bei der Bestellung von Ministerinnen und Ministern in Österreich dringend geboten wäre", sagt die Grüne Delegationsleiterin Ulrike Lunacek. "Österreich muss da EU werden." Zwar könne auch durch ein solches System nicht verhindert werden, dass die großen Fraktionen ihre Kandidaten trotz massiver Bedenken durchdrückten. Dennoch sei ein transparenter Hearingsprozess für die Kandidaten in jedem Falle gut.

Und auch die einzige Neos-Abgeordnete im Europaparlament, Angelika Mlinar, tritt "definitiv" für ein Anhörungssystem auch auf heimischer Ebene ein. "Das stärkt den Parlamentarismus", unterstrich sie. "Und es bedeutet letztlich eine Stärkung der einzelnen Kandidaten." Auf das wichtige demokratische Instrument solle man deshalb auch in Österreich nicht verzichten. (APA, 21.10.2014)