Illustration: Dennis Eriksson

Der klassische Gartler und die wissende Gartlerin gehören nicht gerade zur Gattung der Hipster. Eher zurückhaltend in ihrem Tun, verstehen sie sich häufig als "late adopters", die lieber einmal abwarten, bevor sie sich auf etwas Neues stürzen.

Da haben sie nun seit Jahren ihren Streifen Wildpflanzen, lassen dort gedeihen, was sich so ansiedelt, und freuen sich über dessen natürliche Schönheit. Der einzige Nutzen, den sie daraus ziehen, ist das Füttern des Komposts mit dessen Abschnitten und die Pflege der Nützlinge, damit die Schädlinge das Rennen nicht schon wieder gewinnen. Aber sonst?

Sonst könnten sie ja erstmals in ihrer Gartenkarriere die Blüten abzupfen, die Blätter ernten, die Wurzeln abschaben und all dies im Backrohr für mehrere Stunden zum langsamen Trocknen bei, sagen wir, 45 Grad legen, um daraus eine Infusion, früher sagte man Tee, zuzubereiten. Das geht ganz einfach und ist möglicherweise bekömmlich.

Geeignet sind dafür die Blätter von Melisse, sämtlichen Minzen, Zitronenverbene, Brennnesseln, Salbei, Thymian, Rosmarin, Ringelblumen, Schafgarben, Malven oder Spitzwegerich - all diese Blätter und auch deren Blüten können getrocknet konsumiert werden. Rutscht jedoch ein unbekanntes Kräutel in die Mischung, so kann der Gartler schon einmal ein wenig wegtreten und zu Träumen beginnen.

Pflanz-Programm

So träumt ihm schließlich von einer Garten-App - einem kleinen Programm, das ihm erklärt, welch Pflanz' da vor ihm steht, welch böses Insekt da an seinen Blumen saugt und worauf im Oktober besonders zu achten ist. Die App soll ihn auch vor Kräutern warnen, deren Wirkung noch nicht ausgetestet ist und die möglicherweise halluzinogen wirken.

Das wäre was, träumt der Gartler, und als er wieder zu sich kommt, fährt er seinen alten Rechner hoch, wartet, bis sich das 28-k-Modem ins Festnetz wählt, und nach Stunden des wartenden Surfens erfährt er, dass es solche Apps längst gibt und diese noch viel mehr können. Potz Blitz! Wieder einmal jede Entwicklung vergartelt.

Die Apps "iPflanzen", "Gartenquelle" und "iBlumen" helfen zum Beispiel beim Bestimmen von mehr als 1000 hiesigen Gartenpflanzen. Sehr nett auch die Gratis-App "Der Gemüsegärtner": Hier erhält man umfassende Informationen zu anbaubaren Gemüsen und Kräutern - neun Gemüse gratis, wer mehr will, muss zahlen.

Auskunft darüber, welche Böden, welche Temperaturen, wie viel Licht oder welche Beetnachbarn passen, bekommt man ebenso wie einen ganz konkreten Kalender für Aussaatzeitpunkte und Dünge- gaben. Esoterisch vom Pferd getretene Gartler kombinieren dies natürlich mit einer Mondphasen-App. (Gregor Fauma, DER STANDARD, 24.10.2014)