Die Signalweiterleitung in Zellen spielt im Rahmen der Tumorentstehung, aber auch im Verlauf der Immunantwort eine essenzielle Rolle. Der LAMTOR-Komplex, ein Verband aus sieben derzeit bekannten Regulatorproteinen, koordiniert dieses für Zellteilung, Zellwachstum, Zelltod und Zellwanderung verantwortliche Zusammenspiel, indem er die Signalwege MAPK und mTORC steuert.

"Diese beiden Signalwege sind essenziell für das Leben einer Zelle, im Prozess des Tumorwachstums jedoch oft hyperaktiv, und LAMTOR fungiert hier quasi als regulierende Schaltweiche", sagt Lukas A. Huber, der am Innsbrucker Biozentrum die Sektion für Zellbiologie leitet. Mit Unterstützung des Forschungslabors von Nikolaus Romani und Patrizia Stoitzner von der Innsbrucker Hautklinik sowie dem Austrian-Drug-Screening-Institut (ADSI) liefert Hubers Team nun neue und überraschende Erkenntnisse, die über die Hemmung eines der beiden Signalwege therapeutischen Nutzen für die spezielle Blutkrebsform myeloproliferative Neoplasie zeigen könnten.

Die schleichende Erkrankung geht nach einigen Jahren in eine bedrohlichere und schneller verlaufende Form über und verläuft zuletzt wie eine akute Leukämie.

Neue Einblicke mobilisieren etabliertes Medikament

Die Innsbrucker Forschungsarbeit eröffnet nun eine neue Perspektive im Zusammenspiel von Flt3, einem Rezeptor an der Zelloberfläche, und dem Protein LAMTOR2, einem der Akteure in der Steuerung der Signalweiterleitung in der Zelle. "Indem wir LAMTOR2 spezifisch in dendritischen Zellen – das sind sogenannte Wächterzellen des Immunsystems, die als einzige eine primäre Immunantwort einleiten können – ausgeschaltet haben, konnten wir im Tiermodell beobachten, dass mit fortschreitendem Alter eine Art Leukämie, ein sogenanntes Myeloproliferatives Syndrom, entwickelt wurde. Und das, obwohl der in der Krebsentstehung üblicherweise hyperaktive MAP Kinase Signalweg durch die Ausschaltung von LAMTOR2 gehemmt war", sagt Julia Scheffler, Jungforscherin aus dem Team um Huber und Erstautorin der Forschungsarbeit.

Die Tiroler Forscher fanden auch auf diese erstaunliche Entdeckung eine Antwort: Durch die Störung der wichtigen Schaltweiche kommt es zu einer überschießenden Reaktion von mTORC, dem zweiten Signalweg. "Ausgelöst wird das durch einen Defekt der sogenannten FLT3-Kinase in den LAMTOR2-deletierten dendritischen Zellen. Der Rezeptor FLT3 befindet sich durch den Defekt zu lange an der Zelloberfläche und leitet dadurch das Wachstumssignal ungehemmt über mTOR in die Zellen", erklärt Julia Scheffler.

Interessanterweise konnten die Tiere im Rahmen der Untersuchung geheilt werden: Einerseits durch den Einsatz des Immunsuppressivums Rapamycin, welches spezifisch mTOR abschalten kann und andererseits durch AC220, eines für andere Leukämien ebenfalls bereits in klinischer Anwendung befindlichen Medikaments, das die FLT3-Kinase abschaltet.

"Mit unseren neuen Erkenntnissen könnten sich für gewisse PatientInnen mit Myeloproliferativer Neoplasie, im Sinne einer personalisierten Krebstherapie, neue Behandlungswege ergeben, weil es sowohl für den Signalweg mTOR als auch gegen die FLT3 Kinase Medikamente gibt, die in klinischen Studien bereits erprobt wurden. Man müsste nur einen relativ einfachen Gentest oder eine Expressionsanalyse vorschalten, um betroffene PatientInnen punktgenau aufspüren und präzise therapieren zu können", so Huber. (APA, 23.10.2014)