Es ist gar nicht so leicht, an einen Reisebuschauffeur heranzukommen. Gerade mal ein paar Tage pro Monat, manchmal auch weniger, sind viele von ihnen zu Hause. Sonst stehen sie auf dem Gas oder auf der Bremse, irgendwo zwischen dem Nordkap und Amalfi mit einer ganzen Menge Leute an Bord. Oder sie gönnen sich gerade irgendwo ein Kaffeepäuschen an einer Autobahnraststätte. Doch einen von ihnen erreichten wir: Willi Stumpf (45) ist seit 1991 Reisebusfahrer beim 1954 gegründeten Dornbirner Unternehmen Herburger Reisen. Gemeinsam mit seinen Chauffeurskollegen legt er pro Jahr mehr als 700.000 Kilometer zurück. Wir baten ihn um seine Assoziationen zu 25 Begriffen, die uns zu einer Busreise einfielen.

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Foto: dpa/Christian Charisius

Musikwünsche
Das kommt eher selten vor. Die beste Musik ist gar keine Musik. Im Bus sitzen so viele verschiedene Charaktere und somit Geschmäcker, da wird es schwierig, es jedem recht zu machen. Wenn schon, dann eignet sich Instrumentalmusik am besten. Und in Schottland leg ich schon mal was Schottisches ein.

Zu enge Straße
Wo ich reinkomme, komme ich auch wieder raus.

Streit im Bus
Schlichten. Es kam schon vor, dass Ehepaare miteinander streiten. Die setzt man dann halt auseinander. Da muss ein Machtwort gesprochen werden. Schließlich sitzen noch andere Fahrgäste im Bus. Streiten können die Leute daheim, nicht bei mir im Bus. Aber meistens sind die Gäste gut drauf, schließlich sind sie ja in Urlaubslaune.

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Foto: dpa/Christoph Schmidt

Zigarettenpause
Alle zwei bis zweieinhalb Stunden.

Toilettenpause
Zur Zigarettenpause.

Rückwärtsfahren
Dank der Rückfahrkamera im Bus ist das mittlerweile kein Thema mehr.

Übelkeit
Auch wegen dieses Themas wollen viele in der ersten Reihe sitzen, nicht nur wegen der guten Aussicht. Der Bus sollte 14 Meter breit, nicht 14 Meter lang sein. Dann könnten alle vorn sitzen. Ansonsten gilt bei Sauftouren wie zum Münchner Oktoberfest: Reinigungskosten 50 Euro!

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Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Hochschwangerer Fahrgast
Kommt so gut wie nie vor. Ich selbst hatte noch keine Geburt im Bus. Aber ich wäre natürlich live dabei.

Leuchtende Tankanzeige
In 24 Jahren ist mir ein einziges Mal der Diesel ausgegangen. Mittlerweile zeigt ja auch die Anzeige an, wie weit man noch kommt.

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Foto: dpa/Uli Deck

Zoll
Auch kein wirkliches Thema mehr. In Schottland oder England dauert die Passkontrolle vielleicht eine Viertelstunde. Früher war das ein Desaster. In Ungarn bin ich in der Regel zwei Stunden an der Grenze gestanden.

Nicht mit dem Busfahrer sprechen
Aber sicher doch. Ich hab immer ein offenes Ohr.

Panne
Selten. In all den Jahren hatte ich sechs Pannen, aber es waren Kleinigkeiten. Zweimal hatte ich einen Platten.

Überholen
Kommt auf der Autobahn schon einmal vor, aber Busse dürfen nur 100 km/h fahren.

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Foto: dpa/David Ebener

Stinkefinger
Immer locker bleiben.

Lieblingsdestination
Amalfi-Küste und Skandinavien, das Nordkap. Selbst in Amalfi hab ich keinen Kratzer abbekommen.

Heimweh
Ist etwas sehr Schönes, weil ich weiß, dass meine Frau daheim auf mich wartet.

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Foto: dpa/Arno Burgi

Alkohol im Bus
Wir haben von Wein über Bier bis Prosecco alles an Bord.

Ankunft
Egal, um welche Zeit, Hauptsache, sicher.

Abfahrt
Pünktlich.

Größte Angst
Ich kenne keine Angst mehr. Da muss ich heute lachen. Die gab’s vielleicht, als ich angefangen hab. Ich war 22 Jahre alt. Ist also schon eine Zeit her.

Skurrilstes Erlebnis
Ich könnte ein ganzes Buch schreiben, meine Memoiren sozusagen. Einmal waren wir mit dem Bus auf einer Fähre von Venedig nach Korfu unterwegs. Die Frau eines Fahrgastes, sie war etwas alkoholisiert, wollte auf dem Schiff bei einem Offizier bleiben, in den sie sich offenbar verschaut hatte. Ihr Ehemann bat mich, dass ich sie zur Vernunft bringe. Ich hab sie dann geholt, hab zu ihr gesagt, "horch her, was fällt dir ein, du bist verheiratet." Am nächsten Tag hatte sie sich dann wieder beruhigt.

Ärger
Bei Stau. Vor allem wenn die Schicht zu Ende geht. Wir dürfen ja unsere vorgegebenen Fahrzeiten nicht überschreiten. Also Stau ist das Schlimmste.

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Foto: dpa/Martin Gerten

Gähnen
Pause einlegen. Kann schon mal vorkommen, aber wir sind Profis und topfit. Ich glaub, ich bin während meiner Laufbahn zweimal stehen geblieben und hab eine geraucht. Wenn ich zum Beispiel nach Paris fahre, kann es vorkommen, dass ich in der Nacht zuvor schon im Schlaf die Strecke durchgehe.

Ruhestand
Darüber denk ich gar nicht nach. Ich werde bestimmt bis 65 arbeiten müssen. So gern ich auch fahre, wenn ich 65 bin, werde ich auf der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn meinen Bus-Schein streichen lassen. Sonst kommt der Chef auf die Idee, mich anzurufen, weil ihm vielleicht ein Chauffeur ausgefallen ist. Generell herrscht ein Mangel an Chauffeuren. Auch meine Frau opfert natürlich viel, in einem heißen Monat ist man 25 Tage unterwegs. Ich kann mich an einen Oktober erinnern, während dem ich ganze acht Stunden zu Hause war.

Lieblingsbus
Setra 431 DT, Doppelstock, 14 Meter lang, vier Meter hoch. (Michael Hausenblas, Rondo, DER STANDARD, 24.10.2014)