Von außen deutet nur wenig darauf hin, dass sich in diesem kleinen Shop der Ferstel-Passage ein hochspezialisiertes Kompetenzzentrum für Kaffee-Nerds verbirgt.

Foto: Caffècouture

Wer bislang zu wissen meinte, wie die Tasse Tee, das Lackerl Espresso oder bloß die Pitsche Filterkaffee zu bereiten sei, der sollte sich einmal ins Caffècouture wagen. Da werden ihm die lieben Gewohnheiten und angelernten Weisheiten auf eine Art durcheinandergeschüttelt und weggezischt, dass er erst einmal einen Doppio braucht - um sicherzustellen, dass er eh nicht träumt.

Georg Branny, dem das minimalistisch dekorierte, technologisch aber sehr aufwändig gestaltete Lokal gehört, ist einer jener Baristi neuer Prägung, die eher Waschwasser trinken würden, als sich ihre Inspiration in einer neapolitanischen Bar zu holen. Einer wie er fährt stattdessen zu Wettbewerben zwischen Schanghai und Kopenhagen, holt sich den einen oder anderen Preis ab, macht sich aber vor allem unter gleichgesinnten Heißgetränkebereitern schlau, wie das mit Kaffee und Tee jetzt ganz neu geht.

Kaffee-Community

Da hat sich in den vergangenen Jahren nämlich eine Community entwickelt, die ihre Kaffees immer öfter direkt bei der Plantage einkauft (was nicht zuletzt den Bauern zugutekommt und so zu besonderer Qualität führt), selbst (hell!) röstet und bei der Zubereitung eine ins Penible tendierende Sorgfalt entwickelt, zu der Psychoanalytikern wohl allerhand einfiele.

Allerdings ist es ein Erlebnis, Branny zuzusehen, wie er auf seiner dreigruppigen La Marzocco Strada EP einen Espresso oder gar Cappuccino bereitet, wie er Druck und Temperatur mittels Paddle individuell steuert und schlussendlich einen duftigen Shot Kaffee ("extrem beeriger, fruchtiger Atoyac aus Mexiko" - der dem Italo-Adepten nicht unsauer aufstößt) herstellt. Keine Sorge: Für weniger avantgardistisch gepegelte Gaumen steht zum Glück auch ein Blend bereit, der mehr ins Schokoladige geht. Teetrinker können auch was erleben, etwa einen gradgenauen Heißwasserhahn mit integrierter Waage. Weil: In Teelöffeln messen nur noch Butler und andere blutige Amateure. (Severin Corti, DER STANDARD, 18.10.2014)