"Wir wollen den Familien wieder Sicherheit geben und Erleichterung verschaffen", sagt Kinderärztin und Momo-Leiterin Martina Kronberger-Vollnhofer.

Foto: Lilli Strauss/momo

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florian bayer

Zahlreiche Kinder und Jugendliche leben in Wien mit lebensbedrohlichen oder lebenslimitierenden Erkrankungen. Um ihnen die notwendige Betreuung auch zu Hause anbieten zu können, gründeten Caritas, Caritas Socialis und die Mobile Kinderkrankenpflege (Moki Wien) Anfang 2013 das mobile Kinderhospiz Momo, das in der Wiener Alser Straße sein Büro hat.

Kinderärztin Kronberger-Vollnhofer und das Moki-Team hatten erkannt, dass viele Familien mit lebensbedrohlich oder lebenslimitierend erkrankten Kindern nicht nur Unterstützung bei der Pflege benötigen, sondern auch bei medizinischen Entscheidungen, in Krisensituationen und, nicht zuletzt, im Alltag – all das bietet Momo. Das Angebot ist kostenlos, "ganz egal, wie oft und wie intensiv wir gebraucht werden", so Momo-Leiterin Kronberger.

Vielfältige Diagnosen

Die Diagnosen der jungen Patienten sind vielfältig: Meist sind es Frühgeborene oder Kinder mit Stoffwechsel-, Herz-, Muskel- oder Nierenerkrankungen – darunter oft extrem seltene Krankheiten. Aber auch Kinder mit belastenden neurologischen Erkrankungen oder nach schweren Unfällen werden betreut. "Viele Kinder haben eine sehr ungewisse Prognose und oft liegt ein monate- oder auch jahrelanger Weg vor der Familie", sagt Kronberger-Vollnhofer.

Meist sind es die Spitäler, die die Familien an Momo vermitteln – der Erstkontakt findet dann auch direkt im Krankenhaus statt, bevor sich die weitere Betreuung nach Hause verlagert. Weil nicht selten mehrere Organe zugleich betroffen sind, ist die Zusammenarbeit mit Spitälern essenziell – das Team ist dann Bindeglied zwischen Krankenhaus und Familie, übersetzt Diagnosen und hilft bei wichtigen Entscheidungen.

Extremsituation als Normalzustand

"Wir wissen, dass wir uns Tag und Nacht melden können", sagt Elisabeth Sechser. Ihre Tochter Emilia wurde im ersten Lebensjahr schwer krank, es wurde eine unheilbare, fortschreitende Stoffwechselerkrankung diagnostiziert. Dadurch bedingt leidet sie an Epilepsie, hat Schwierigkeiten beim Essen und Trinken und benötigt viele Medikamente. Als die Familie im Frühjahr auf Momo stieß, war Emilias Zustand gerade sehr kritisch. Auch die mitunter "unprofessionelle Kommunikation" der damals behandelnden Ärztin empfand sie als äußerst belastend. Diese meinte auch, dass Emilia therapieresistent und "austherapiert" sei.

Das Kinderhospiz hat mitgeholfen, eine optimale medizinische Behandlung für Emilia zu organisieren, und ist ein wichtiger Ansprechpartner für die Familie geworden. Neben der raschen medizinischen Hilfe in Krisen und der Pflegeunterstützung durch Moki-Wien schätzt Sechser ganz besonders, dass das Team gleichermaßen professionell wie einfühlsam kommunizieren kann: "Das schaffen einige Ärzte leider nicht und richten dadurch zusätzlichen Schaden an."

Heute geht es Emilia besser. Sie hat keine Schmerzen, und ihr Zustand ist einigermaßen stabil. Wie es mit ihr weitergeht, ob sie nächstes Jahr in den Kindergarten gehen kann, ist noch ungewiss. "Für uns ist eine Extremsituation zum Normalzustand geworden. Wir leben sehr stark im Hier und Jetzt und genießen jeden Augenblick, in dem es Emilia gut geht. Sie kann wieder lachen", sagt die Mutter.

Entlastung für Familienmitglieder

Neben Emilia hat das multidisziplinäre hauptamtliche Team gemeinsam mit elf ehrenamtlichen Hospizbegleitern schon an die 70 Familien betreut. Zusätzlich zu insgesamt vier Ärztinnen finden sich auch eine Sozialarbeiterin, eine Seelsorgerin und eine Ehrenamtskoordinatorin im Team. Sie alle sind gut vernetzt mit Kinderärzten und Spitälern, etwa dem nahegelegenen St.-Anna-Kinderspital und dem AKH Wien.

Im Vordergrund steht neben der Linderung von Schmerzen, anderen oft quälenden Symptomen sowie Problemen und damit verbunden der Verbesserung der Lebensqualität des Kindes auch die Entlastung von Eltern und Begleitung der Geschwister. Besonders Letztere leiden unter der belastenden familiären Situation und erhalten oft nicht die Aufmerksamkeit und Zuwendung, die sie so dringend brauchten. "Nicht selten sind die Familien in vielen Situationen gespalten – während ein Elternteil berufstätig bleibt, kümmert sich der andere um das erkrankte Kind. Da fehlt es ganz massiv an Entlastungsangeboten", sagt Kronberger-Vollnhofer.

Der Name "Momo" ist an Michael Endes gleichnamigen Roman angelehnt, in dem die Menschen von sogenannten grauen Herren ihrer Lebenszeit beraubt werden, bis sie sich vom Mädchen Momo davon befreien lassen. Das Kinderhospiz Momo kann natürlich keine Lebenszeit zurückgeben, versucht aber, die Lebensqualität zu verbessern.

Das Leben im Vordergrund

"Wenn die Familien merken, dass sie auch ohne unsere Unterstützung gut zurechtkommen, ziehen wir uns langsam zurück. Es ist schön, wenn wir sehen, dass wir nicht mehr so intensiv gebraucht werden", sagt Kronberger-Vollnhofer. Dann lasse man die Eltern wissen, dass man trotzdem immer für sie da ist, wenn sie etwas brauchen – auch über den Tod hinaus.

Auch wenn die Familien um die lebensverkürzende Erkrankung ihrer Kinder wissen, steht bei den Besuchen definitiv das Leben im Vordergrund. "Es wird gelacht, geweint, eben das ganz normale Leben gelebt", sagt Kronberger-Vollnhofer. Wann und mit wem über den bevorstehenden Tod gesprochen wird, entscheiden die betroffenen Familien selbst. In diesen Gesprächen geht es vor allem um das Zuhören und Dasein.

Wenn es dann so weit ist, kommt das Sterben trotzdem oft überraschend und um nichts weniger schmerzhaft, erzählt die Kinderärztin: "Vorbereiten kann man sich auf den Tod des geliebten Kindes nicht. Man kann aber das Beste aus der gemeinsamen Zeit machen, und dabei wollen wir helfen." (Florian Bayer, derStandard.at, 10.12.2014)