Wien - Erster Bezirk, Petersplatz 1. Wir tauchen ein ins Wiener Nachtleben der frühen 1940er-Jahre. Frauen wie Männer sind zu Gast im Nachtlokal "Achmed Beh", um akrobatischen Tänzerinnen und beschwingtem Jazz zu frönen. Im 35mm-Kinoformat gedreht, besticht die neunminütige Werbefilm-Tanzrevue "Bei Achmed Beh" durch filmische Professionalität: Präzise kadrierte Bewegtbilder entführen in eine orientalisch anmutende, gut ausgeleuchtete Kulisse. Die Filmmontage wird rhythmisiert von leichtfüßiger Live-Musik.

Neben den Bühnenprotagonistinnen wird das Publikum gleichermaßen in Szene gesetzt. Die Gäste klatschen, unterhalten sich, rauchen und trinken. Immer wieder fokussiert der Kamerablick männliche Zuschauer. Ihre Reaktion ist Spiegelbild wie Anreiz für die Zielgruppe des Werbefilms, während die weibliche Zuschauermenge als Legitimation der Frauenkörperschau fungiert.

Dieser Film erscheint an dieser Stelle erstmals online. Details zu anderen Filmen aus dem Projekt "Stadtfilme" finden Sie auf stadtfilm-wien.at.
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Im begleitenden Programmheft wird ein Porträt von Adalat (mit bürgerlichem Namen Emine Adalet Pee) eingeblendet. Bevor sie in den Kriegsjahren in "Bei Achmed Beh" auftrat, hatte die türkische Tänzerin und Schauspielerin mit deutschem Pass bereits zahlreiche internationale Engagements hinter sich. Aufgrund ihres hohen Bekanntheitsgrads war sie das perfekte Testimonial für den international ausgerichteten Souterrain-Club und auch in der Anzeigenwerbung des Lokals präsent.

Im Laufe ihrer Tanzkarriere traf sie Überlieferungen zufolge auf Atatürk, George VI., Adolf Hitler und Joseph Goebbels, die ihrer Unterhaltungskunst begeistert folgten. Der ägyptischstämmige Lokalpatron Achmed Beh scheint in NS-Kreisen gleichermaßen toleriert und involviert gewesen zu sein, wie seine kolportierte Übersetzung von "Mein Kampf" ins Arabische nahelegt. Die Gestapo wiederum nutzte das Nachtlokal zu Bespitzelungszwecken und hörte mit. Auch der in Wien zuständige Gauleiter Baldur von Schirach war oft gesehener Gast im Etablissement.

In diesem Sinne warb das "Achmed Beh" entgegen der NS-Doktrin mit ’exotischem’ Tanz und ’artfremdem’ Jazz, um Herren aus verbündeten Staaten ins nationalsozialistische und "märchenhaft" frivole Wien zu locken. (Lydia Nsiah, Filmmuseum/LBI, 27.10.2014)