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Aus Angst vor Terroranschlägen sind bei der Parlamentswahl in Tunesien 70.000 Polizisten im Einsatz.

Foto: apa/Messara

Tunis - Bei der Parlamentswahl in Tunesien zeichnet sich eine gute Beteiligung ab. Wie die Wahlkommission Isie am Sonntag erklärte, lag sie zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale bei knapp 51 Prozent. Bei der ersten freien Wahl nach dem Arabischen Frühling und dem Sturz von Zine el Abidine Ben Ali im Herbst 2011 war die Beteiligung bei insgesamt gut 50 Prozent gelegen.

Nach der Schließung der Wahlbüros begann am Abend die Auszählung der Stimmen. Prognosen werden noch im Laufe des Abends erwartet. Vorläufige Ergebnisse sollen binnen drei Tagen vorliegen, offizielle Ergebnisse erst innerhalb eines Monats.

Die säkulare Allianz Nidaa Tounes geht bei der Parlamentswahl in Tunesien von einem Sieg über die islamistische Ennahda-Partei aus. Der Vorsitzende des Bündnisses, Beji Caid Essebsi, sagte nach der Abstimmung am Sonntagabend vor Journalisten, es gebe "gute Anzeichen" dafür, dass seine Partei stärkste Kraft werde.

Mehr als 5,2 Millionen Einwohner des nordafrikanischen Landes waren aufgerufen, 217 Abgeordnete zu bestimmen. Aus Sorge vor Anschlägen von Extremisten fand die Wahl unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Der islamistischen Ennahda-Partei, die in der verfassunggebenden Nationalversammlung die Mehrheit hält, sowie der säkularen Partei Nidaa Tounes wurden die meisten Sitze prognostiziert. Die Parteienlandschaft ist aber so zersplittert, dass mit einer schwierigen Koalitionsbildung gerechnet wurde.

Historische Wahl

An der Spitze des nordafrikanischen Landes steht seit Anfang dieses Jahres eine Regierung von Fachleuten unter Ministerpräsident Mehdi Jomaa. Er bezeichnete die Wahl nach seiner Stimmabgabe am Sonntag als "historisch". Der Tag sei ein Hoffnungsschimmer für die "jungen Menschen in der Region", sagte Jomaa mit Blick auf die instabile Lage in den anderen Ländern des "Arabischen Frühlings".

"Ich habe eine lange Schlange vor dem Wahllokal gesehen, das macht mich glücklich und zeigt, dass den Tunesiern viel an der Demokratie liegt", sagte Ennahda-Chef Rached Ghannouchi nach seiner Stimmabgabe. "Ich habe für Tunesien gestimmt, es lebe Tunesien", verkündete der Vorsitzende der Partei Nidaa Tounes, Beji Caid Essebsi, in einem Wahllokal in der Hauptstadt Tunis. Der 87-Jährige hatte vor der Abstimmung vor der Ennahda gewarnt. Er wirft den beiden bisher von der Partei geführten Regierungen vor, sozialen Spannungen und Terrorismus in Tunesien Vorschub geleistet zu haben.

Seit dem Sturz des früheren Machthabers Zine El Abidine Ben Ali Anfang 2011 wurde das Land immer wieder von Anschlägen radikaler Islamisten erschüttert. Am Sonntag waren rund 80.000 Polizisten im Einsatz, um die Wahl abzusichern. Bei einem Polizeieinsatz gegen mutmaßliche Extremisten in einer Vorstadt von Tunis waren am Freitag fünf Frauen und ein Mann getötet worden. Das Haus war von den Einsatzkräften belagert worden, weil Ermittler dort "terroristische Elemente" vermuteten. Am Donnerstag hatten die Verdächtigen einen Beamten getötet.

Von Tunesien war die arabische Rebellion ausgegangen, die anschließend auf zahlreiche weitere Länder übergriff. Tunesien ist zugleich das einzige Land, in dem die Umsturzbewegung zu relativ stabilen demokratischen Verhältnissen führte. Für den 23. November ist eine Präsidentschaftswahl angekündigt. (APA, 26.10.2014)