Salzburg - Nachdem die Universität Salzburg dem ehemaligen Leiter des Haus der Natur, Eduard Paul Tratz, die 1973 verliehene Ehrendoktorwürde posthum aberkannt hatte, ist auch die Debatte um Ehrenbürger mit NS-Hintergrund wieder entfacht. Die Bürgerliste wird am Mittwoch im Gemeinderat erneut die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft für Tratz fordern; bereits 2007 brachten die Stadtgrünen diesbezüglich einen Antrag ein.

Laut der Universität Salzburg habe sich Tratz als SS-Hauptsturmführer an Kulturraubaktionen zugunsten des SS-Ahnenerbes in Krakau und auf dem Gebiet der Sowjetunion aktiv beteiligt und dabei auch Exponate für das Haus der Natur requiriert.

Die Universität Salzburg hat die Ehrendoktorwürde kürzlich aberkannt, da sich der 1977 verstorbene Tratz die Ehrenwürde "erschlichen" habe. Die gravierenden Verstrickungen von Tratz in nationalsozialistisches Unrecht seien verschwiegen worden, heißt es in der Begründung.

"Wenn sie nicht erloschen ist, wird sie aberkannt"

Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) erklärt auf Anfrage, die Aberkennung der Uni habe ihn veranlasst, noch einmal genau hinzuschauen. "Bisher war die Rechtsmeinung unbestritten, dass mit dem Ableben die Ehrenbürgerschaft erlischt." Nun würde die Stadt aber nach einer juristisch einwandfreien Lösung suchen, den politischen und symbolischen Schritt der Uni ebenfalls setzen zu können, betont Schaden. "Wenn sie nicht erloschen ist, wird sie aberkannt." Auch "allfällige andere wunde Punkte" unter den besonderen Ehrungen der Stadt sollen überprüft werden, sagt der Bürgermeister. "Ich habe keine Lust, dass da irgendwelche Lücken in der historischen Aufarbeitung passieren."

Die Ernennung der Ehrenbürgerschaft könne zwar laut Stadtrecht durch den Gemeinderat widerrufen werden, falls sich der Ausgezeichnete der Ehrung unwürdig erwiesen hat. Doch als Tratz 1963 die Ehrenbürgerschaft verliehen wurde, seien die "unwürdigen Taten" bereits geschehen, erläutert Magistratsdirektor Martin Floss die rechtlichen Schwierigkeiten. Gleichzeitig könne einem nicht mehr existierenden Rechtsobjekt nichts mehr aberkannt werden. Es werde aber mit Hochdruck an einer juristischen Lösung gearbeitet.

Träger des Rings des Landes

Neben der Ehrenbürgerschaft der Stadt ist Eduard Paul Tratz auch Träger des Rings des Landes Salzburg. Die höchste Landesauszeichnung wurde ihm am 25. September 1958 zum 70. Geburtstag für seine Verdienste um das Haus der Natur verliehen. Der Ring könne posthum nicht aberkannt werden, da es keine rechtliche Grundlage nach dem Ehrenzeichengesetz gebe, erklärt Isabella Walcher von der Präsidialabteilung des Landes. Der Verlust der Auszeichnung könne nur erfolgen, wenn ein Ausschließungsgrund vorliegt - also der Geehrte wegen eines Verbrechens verurteilt wurde.

Auch in den Ehrenbürgerlisten von Salzburger Landgemeinden finden sich noch namhafte Nationalsozialisten. In der Lungauer Gemeinde Mauterndorf war die Ehrenbürgerschaft von Hermann Göring schon mehrmals Anstoß für Diskussionen. Und die Lungauer Gemeinde Tweng dürfte laut Kritiker noch immer Adolf Hitler in der historischen Ehrenbürgerliste führen.

Oberösterreich hat Gesetz geändert

Bei den Landgemeinden sei rein rechtlich eine formale Aberkennung der Ehrenbürgerschaft entbehrlich, erläutert Peter Schernthaner aus der Gemeindeabteilung des Landes. Denn laut Gemeindeordnung erlischt die Ehrenbürgerschaft nach dem Tod. Ein moralischer oder symbolischer Akt der Aberkennung sei der zuständigen Gemeinde aber nicht verwehrt.

In Oberösterreich hat der Landtag im Sommer 2012 die rechtlichen Hürden für posthume Aberkennungen von Ehrenbürgerschaften mit einer Änderung des Auszeichnungsgesetzes bereinigt. Anlassfall war die Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers in Braunau. (Stefanie Ruep, DER STANDARD, 28.10.2014)