"Liegen bleiben" lautet das Mantra von Barbara Kramer. Denn ist der Körper entspannt, können sich die Gedanken entfalten. In der mit Autor und Regisseur Johannes Schrettle erarbeiteten Theaterperformance Kramer gegen Kramer sieht man Kramer daher die meiste Zeit auch flunderflach auf Matratze darüber philosophieren, wie man die Welt verändern soll, wenn man sich wie ein auf dem Rücken liegender Käfer fühlt. Dabei wären die Vorsätze doch so gute. Das im Hundsturm uraufgeführte Stück lässt Kramer im Wesentlichen erzählen und vorführen, wie sie sich eine Inszenierung vorstellt, in der sie den im letzten Strandurlaub gelesenen Essay des Unsichtbaren Komitees Der kommende Aufstand verarbeitet. Zu Beginn will sie noch auftrumpfen: lachen, singen und Salto schlagend Witze erzählen. Bald erkennt sie jedoch die körperliche Anspannung als hinderlich wie realitätsfern. Als Kunstschaffende stehen Einkommen und Tagesfreizeit indirekt proportional zueinander, zudem meint sie als ehemaliges Frühchen, eüberdurchschnittlichen Ruhebedarf zu haben. Also ab in die Horizontale! Unterstützt von Markus Steinkellner an der Gitarre und einer Reihe von Effektknöpfchen beginnt Kramer, mit ihren Gedanken und wahlweise ihrer Trägheit oder ihrem Tatendrang zu kämpfen. Der rote Faden geht dabei zunehmend verloren, aus dem Leben Gegriffenes vermischt sich mit einer Collage aus politischer Theorie und Sprachspielerei, ohne das Ziel der Ausführungen wirklich erkenn- und erreichbar zu machen. Die Selbstbetitelung einer „Stand-up-Comedy für den kommenden Aufstand“ ist letztlich nur ironisch aufzufassen. Von Aufstehen kann keine Rede sein, Komik drängt sich nur bedingt auf. Die stabile Seitenlage muss als Verweigerungshaltung genügen. Fünf Abende in Wien, im November in Graz. (wall, DER STANDARD, 28.10.2014)
Theater
Trägheit versus Tatendrang
Theaterperformance "Kramer gegen Kramer"