Die beiden Clearwater-Kraterseen im kanadischen Québec liegen so nahe beieinander, dass man bisher von einem kosmischen Doppelschlag ausging - ein Irrtum, wie sich nun zeigte.

Foto: NASA

In Kanada südöstlich der Hudson Bay liegen zwei eindrucksvolle Zeugen kosmischen Bombardements unmittelbar nebeneinander. Die beiden Clearwater-Kraterseen, französisch Lac à l'Eau Claire, in der Provinz Québec haben jeweils einen Durchmesser von 26 bzw. 36 Kilometer und entstanden bei einem Doppeleinschlag vor fast 300 Millionen Jahren - davon gingen Wissenschafter bisher zumindest aus. Eine aktuelle Datierung allerdings widerlegt nun diese Annahme und belegt den unwahrscheinlichen Fall, dass die selbe Stelle in einem Abstand von 190 Millionen Jahren zweimal getroffen wurde.

Forscher zählen die Clearwater-Kraterseen zu den ungewöhnlichsten geologischen Strukturen auf der Erdoberfläche. "Aufgrund ihrer auffälligen Erscheinung als wassergefülltes 'Kraterpaar', das insbesondere im Satellitenbild sichtbar wird, galten sie bislang als Paradebeispiel eines Doppelkratersystems, dessen Alter auf 290 Millionen Jahre datiert wurde", erläutert Mario Trieloff vom Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg. Nach Angaben des Wissenschafters hält sich seit den 1960er-Jahren die Theorie, dass beide Krater zum gleichen Zeitpunkt beim Einschlag zweier durch Gravitationsbindung gekoppelter Asteroiden entstanden sind.

Argon-Argon-Datierung bringt Klarheit

Mithilfe der sogenannten Argon-Argon-Datierung – einer Weiterentwicklung der Kalium-Argon-Datierungsmethode – von Gesteinsproben, die vom Geological Survey of Canada bereits in den 1960er- und 1970er-Jahren gewonnen wurden, konnte diese Hypothese nun widerlegt werden. Die Datierung beruht auf dem radioaktiven Zerfall von Kalium-40 zu Argon-40. Dabei handelt es sich um eine "geologische Uhr", die immer dann zurückgesetzt wird, wenn kaliumhaltige Minerale oder Gesteine großer Hitze ausgesetzt sind oder gar schmelzen, wie es bei einem Asteroiden-Einschlag der Fall ist.

"Mit den heutigen technischen Möglichkeiten, wie sie etwa das Datierungslabor der Universität Heidelberg bietet, kann dieses Zurücksetzen der Kalium-Argon-Uhr und damit das Alter eines großes Meteoriteneinschlags präzise und akkurat mithilfe eines Argon-Massenspektrometers bestimmt werden", betont Trieloff. Die gewonnenen Ergebnisse belegen nach den Worten des Erstautors der Studie, Martin Schmieder von der University of Western Australia in Perth, dass der westliche Clearwater-Krater rund 286 Millionen Jahre alt ist, was der frühen Perm-Zeit entspricht. Der östliche Krater dagegen entstand bereits vor 460 bis 470 Millionen Jahren und stammt damit aus einer geologischen Zeit, die als Ordovizium bezeichnet wird.

Ungewöhnliche Nähe eine "Laune der Natur"

Die beiden Krater unterscheiden sich jedoch nicht nur durch ihr geologisches Alter, das durch die Gesteinsanalysen bestimmt werden konnte. Ebenso sind die Magnetisierung der durch den Einschlag gebildeten Gesteine, aber auch die chemischen Spuren, die die beiden kilometergroßen Asteroiden hinterließen, bei beiden Kratern unterschiedlich. Nach Einschätzung der Wissenschafter ist das ein weiterer Hinweis darauf, dass zwei verschiedene Asteroiden zu unterschiedlichen Zeiten an ein und derselben Stelle eingeschlagen sind. Die ungewöhnliche räumliche Nähe der beiden Krater bezeichnen die Forscher lakonisch als "Zufall" und als "Laune der Natur". (red, derStandard.at, 28.10.2014)