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Die Ergebnisse einer aktuellen Studie über einen Zusammenhang zwischen Genen und Gewalt sind mit Vorsicht zu genießen.

Foto: APA/EPA

Paris/Helsinki/Stockholm - Mit aller gebotenen Vorsicht präsentiert ein Forscherteam in der Fachzeitschrift "Molecular Psychiatry" eine Studie über mögliche genetische Faktoren für gewalttätiges Verhalten. Die Forscher glauben zwei Genmutationen ausfindig gemacht zu haben, die bei Gewaltverbrechern besonders häufig vorkommen. Allerdings sind diese Mutationen generell weit verbreitet.

Für die Studie untersuchten die Forscher das Erbgut von 800 finnischen Häftlingen und verglichen die Ergebnisse mit denen der Durchschnittsbevölkerung. Bei einem Teil der Häftlinge handelte es sich um Gewaltverbrecher, die anderen waren wegen nicht-gewaltsamer Taten verurteilt worden. Bei den Gewaltverbrechern wurden den Forschern zufolge überdurchschnittlich häufig zwei mutierte Gene entdeckt, bei den anderen Inhaftierten traten diese Genveränderungen nicht auffallend oft auf.

Die Ergebnisse

Eines der fraglichen Gene, MAOA, wird der Studie zufolge in Zusammenhang mit dem Neurotransmitter Dopamin gebracht, der auch als Glückshormon bezeichnet wird. Das zweite Gen, CDH13, spielt eine Rolle bei der Kontrolle von Impulsen und bei Konzentrationsstörungen.

Laut den Forscher werden ihre Ergebnisse durch soziale Faktoren nicht relativiert. So wurden auch Faktoren wie beispielsweise Drogen-Abhängigkeit oder etwaige traumatische Erlebnisse während der Kindheit in der Studie berücksichtigt.

"Ich denke, wir haben jene zwei Gene ausgemacht, die den größten Einfluss auf aggressives Verhalten haben", sagt einer der Studienautoren, der Neurologe Jari Tiihonen vom schwedischen Karolinska-Institut. Ihmzufolge erhöht die Kombination von Mutationen von MAOA und CDH13 gegenüber einer "üblichen" Gen-Kombination den Hang zu Gewalttaten um das 13-Fache.

Nicht überinterpretieren!

Doch die Relativierung folgt auf dem Fuß: Nicht nur, dass es vermutlich "Dutzende oder gar Hunderte von anderen Genen, die eine kleinere Rolle spielen könnten", gebe. Die betreffenden Mutationen seien "ziemlich gewöhnlich", schreiben die Forscher. Etwa ein Fünftel der Menschen weise sie auf - und das in aller Regel, ohne Gewaltverbrechen zu begehen.

Das Ergebnis der Studie sei also nicht signifikant genug, um als "Vorsorgemaßnahme" breit angelegte Genuntersuchungen zu rechtfertigen, betonen die Forscher - falls irgendjemand entsprechende Gedanken hegen sollte. (APA/red, derStandard.at, 28. 10. 2014)