Mit den Worten "Fuck it, I quit" schmiss Charlene Egby Ende September live auf Sendung ihren Job als Nachrichtensprecherin beim Fernsehsender KTVA in Alaska. Ihre harsche Wortwahl begründete sie mit Unwahrheiten, die der Sender ihrer Ansicht nach seinen Zusehern zum Thema Cannabis auftische. Und die sie nicht länger zu verbreiten gewillt sei. Egby, nebenbei Geschäftsführerin des Alaska Cannabis Club, wolle ihre Kraft fortan voll der Kampagne für die Legalisierung der sogenannten weichen Droge im nördlichsten Bundesstaat der USA widmen.

Ob sich ihr drastischer Abgang letztlich bezahlt gemacht hat, hängt vom Ausgang des Referendums am 4. November ab. Die 700.000 Bewohner des dünn besiedelten Alaska stimmen über die Gesetzesinitiative Issue 2 ab, die Marihuana und Haschisch rechtlich mit Alkohol gleichsetzen, also legalisieren möchte.

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Alaska könnte zum Cannabis-Dorado im hohen Norden werden.
Foto: AP Photo/Warren

Neues Dorado für Cannabis-Konsumenten

Geht der Vorschlag durch, könnte ganz im Norden der USA bald ein neues Dorado für Cannabis-Konsumenten entstehen. Alaska wäre nach Colorado und Washington der dritte Bundesstaat, in dem Cannabis auch abseits medizinischer Nutzung erlaubt ist – auch wenn die US-Bundesgesetze den Besitz der Droge freilich nach wie vor sanktionieren.

Allen Erwachsenen über 21 soll laut Issue 2 künftig der Besitz von bis zu einer Unze, also 28 Gramm Marihuana oder Haschisch für den persönlichen Gebrauch gestattet sein, die Aufzucht von bis zu sechs Cannabis-Pflanzen für die Eigennutzung ebenso. Der Verkauf soll nach dem Muster von Alkohol staatlich reguliert werden, 50 Dollar an Steuern pro verkaufter Unze sollen in den Staatssäckel fließen.

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45.000 Unterschriften wurden gesammelt.
Foto: AP Photo/Mark Thiessen, File

Vergleich mit Alkohol

Der Vergleich mit Alkohol steht im Mittelpunkt der Debatte über das Für und Wider einer Legalisierung von Cannabis. Die Befürworter von der "Alaska Campaign to Regulate Marijuana" betonen die relative Harmlosigkeit von Cannabis gegenüber Alkohol. Die Gegner der Initiative, die sich "Big Marijuana. Big Mistake" nennen, fürchten aggressive Werbung für Drogenkonsum, hohe Kosten für die staatliche Kontrolle sowie Gesundheitsgefahren des Cannabiskonsums.

Der Graben zwischen Yes und No geht quer durch die Parteilager. Während sich etwa Alaskas frühere Oberstaatsanwältin für die Legalisierung starkmacht, läuft die Vereinigung der Polizeichefs des Staates Sturm gegen Issue 2.

Zwar ist Alaska im Gegensatz zu den Cannabis-Vorreitern Colorado und Washington ein klassischer "Red State", wo Republikaner – etwa die frühere Gouverneurin Sarah Palin – seit Jahr und Tag alle politischen Belange dominieren. Zugleich weist Alaska aber auch den höchsten Anteil von unentschlossenen Wählern und sogenannten Unabhängigen aller Bundesstaaten auf.

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Alaska könnte es Colorado gleichtun, wo dieses Bild entstand.
Foto: AP Photo/Brennan Linsley, File

Ausgerechnet Alaska

Der "Last-Frontier-Staat" blickt zudem auf eine gewisse Tradition im liberalen Umgang mit Cannabis zurück. Seit 1998 wird Cannabis zur Behandlung von Kranken eingesetzt. Und schon 1975 gehörte Alaska zu den Pionieren in puncto Entkriminalisierung.

Der Oberste Gerichtshof entschied damals, dass Cannabis nicht gefährlich genug sei, um den Eingriff der Behörden in das Privatleben der Bürger zu rechtfertigen. Der Rechtsanwalt Irwin Ravin hatte sich zuvor absichtlich mit Marihuana im Gepäck verhaften lassen, um einen Prozess gegen den Staat Alaska zu erzwingen, den er schließlich gewann. Das Urteil "Ravin v. State" ist seither das Fundament der Legalisierungsdebatte in Alaska.

Mehrere Abstimmungen gingen zwar zugunsten einer härteren Gangart gegenüber Cannabis aus, bis heute wird aber über die Verfassungsmäßigkeit der Kriminalisierung von Cannabiskonsumenten gestritten. 45.000 Unterschriften wurden Anfang des Jahres für die Durchführung des Referendums eingereicht, weit mehr als die 30.000, die dafür vonnöten waren.

Ausgang ungewiss

Umfragen deuten auf einen sehr knappen Ausgang des Referendums hin. Zuletzt büßte das Ja-Lager einen Großteil seines Vorsprungs ein. Auch in Florida und in der Hauptstadt Washington D.C. wird am 4. November über die Legalisierung von Cannabis abgestimmt. In Colorado versuchen Bürgerinitiativen, die Legalisierung rückgängig zu machen. (flon, derStandard.at, 30.10.2014)