Diana Güven vor ihrer Backstube.

Foto: Standard/Bernath

Dort verkauft sie italienisches Gebäck.

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Sie hat den türkischen Tenor Hakan Aysev für einen Reklamefilm zum Humtata-Singen in einen Supermarkt geschickt und eine Backstube am Stadtrand von Ankara eröffnet, von der aus sie Cafés und gut betuchte Privathaushalte mit italienischem Gebäck beliefert. "Kannst du das machen?", hat ihr Ehemann gefragt, als er von einer Dienstreise aus Verona kam und Biscotti mitbrachte. Konnte sie. Besser sogar. Das war, bevor sie anfing, Uniformen für die türkische Polizei und andere Behörden im Land zu entwerfen.

Diana Güven kann alles und meistens besser als andere, so scheint es wenigstens. Unter den Österreichern, die es in den vergangenen Jahren in die Türkei verschlagen hat, ist sie wohl eine der kreativsten und überraschendsten Unternehmerinnen: Geschäftsfrau, Künstlerin, Mutter zweier schulpflichtiger Söhne. "Heimat ist dort, wo man seine Leistung erbringen kann, wo sie honoriert wird, wo man leben kann", sagt sie. Nicht mehr Weyer an der Enns, wo Diana Lindenbauer geboren wurde, und auch nicht Graz, wo die Oberösterreicherin eine Meisterklasse für Malerei besucht hatte. Die Türkei ist für sie das Land der vielen Möglichkeiten geworden.

Membran für Polizisten

Mit 20 kam sie zum ersten Mal nach Istanbul. Schon mehr als die Hälfte ihres Lebens hat sie hier verbracht. Ein einträglicher Auftrag als Textildesignerin hat Diana Güven zuerst in der Türkei festgehalten. Mittendrin kamen dann die Polizeiuniformen aus Membranstoffen. Obwohl: Die letzte Ausschreibung hat sie verloren, die Vorlage war dabei gut, sagt sie ("Dunkelblau mit Blau konkurrierend; wenn man die Arme in die Höhe hob, hat sich der Saum kaum bewegt"). Das war knapp vor Gezi, den Massenprotesten in Istanbul und Ankara im Sommer 2013, die die Polizei niederschlug. Wahrscheinlich besser, dass es nicht geklappt hat mit der Kleidung, sagt die Designerin jetzt.

Europäisches kann ja nur gut sein, denken sich viele Türken. "Man ist als Unternehmer immer eins voran", sagt Diana Güven, "erst recht als Frau, blond und blauäugig, und dann noch Türkisch sprechend". Sie empfängt mittags auf der kleinen Terrasse ihrer Backstube in Ümitköy, einem Außenbezirk der türkischen Hauptstadt, der auch schon von der Luxusbauwelle erfasst wurde. Es gibt Linsensuppe und eine Käseplatte, einfach, aber gut. Die Grissini liegen daneben, sie kommen aus "Diana's Backhaus". Fünf Damen werkeln dort seit bald zwei Jahren, Diana Güven eingeschlossen. Wenn die Weihnachtszeit anrollt, ist mehr zu tun. Dann will man auch in Ankara Christstollen (noël ekemeği) und Plätzchen.

Einen Teil der Rezepte hat Diana Güven von ihrem Ururgroßvater, einem Hofbäcker der k. u. k. Zeit. Sie verwendet richtigen Zucker, keinen Fruktosesirup, Kartoffeln als Emulgator und organisches Mehl – nichts, was in der großen Keks- und Gebäckindustrie der Türkei verbreitet wäre, wo endlos Knabberbeilagen für Tee und Kaffee gebraucht werden. Angefangen hat das Nachbacken der italienischen Grissini und Biscotti in der eigenen Küche. "Es ist ja ganz schön, etwas für die Familie und sich selbst zu machen" sagt sie, "aber das kann es dann nicht sein." Der Unternehmergeist bricht wieder durch. Leistung muss sein, und gut aussehen soll es auch.

Robust und kantig

Ihre Businesskarten haben die ovale Form eines Mandelkeks, des Biscotto di Prato, oder sind robust und kantig wie eine Kreditkarte. Das sind dann die von "Diana's Work", der Agentur für Digital Branding – Werbung soll es nicht heißen – und jüngsten Bühne der Ankara-Oberösterreicherin. Gemeinsam mit einem türkischen Partnerunternehmen vermarktet Diana Güven neben anderen in der Türkei bekannte Sänger wie Pinar Ayhan und Hakan Aysev. Den Tenor ließ sie mit seiner Truppe "La donna è mobile" in einem Supermarkt in Istanbuls Bourgeois-Viertel Ortaköy anstimmen und filmte dabei die überraschten Reaktionen der Kunden – alles noch Neuland für das breite Publikum in der Türkei. (Markus Bernath, derStandard.at, 30.10.2014)

Der Supermarkt als Künstlerbühne.
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