Brüssel/Moskau/Kiew - Trotz der Einigung im Gasstreit bleibt das Klima zwischen dem Westen und der Ukraine gegenüber Russland vorerst frostig. Die deutsche Bundesregierung und Nato kritisierten am Freitag vor allem die von prorussischen Separatisten für Sonntag angesetzte Wahl in der Ostukraine.

Die Abstimmung sei kontraproduktiv und werde von der Bundesregierung nicht anerkannt, erklärte ein Regierungssprecher in Berlin. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kritisierte, dass mit den Wahlen die Bemühungen um eine Beilegung des Konflikts untergraben würden. Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk betonte, seine Regierung werde Russland keinen Vorwand liefern, die EU oder die Ukraine zu erpressen. Der russische Monopolist Gazprom taxierte die Gas-Rechnung, die von der Ukraine kommende Woche beglichen werden müsste, auf 2,2 Milliarden Dollar.

Lösung werde erschwert

Nach Angaben der deutschen Regierung bekräftigte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ihre Haltung, dass die Abstimmung in Donezk und Luhansk dem Waffenstillstandsabkommen von Minsk widerspreche und eine Lösung des Konflikts weiter erschwere. Einig seien sich Merkel und Putin in dem Telefonat gewesen, dass die territoriale Integrität der Ukraine gewahrt werden müsse, sagte ein Regierungssprecher.

Die Kanzlerin habe nach der Einigung im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine mit Putin, dem französischen Präsidenten Francois Hollande und seinem ukrainischen Kollegen Petro Poroschenko telefoniert. "Alle Beteiligten riefen zu einem umgehenden Waffenstillstand (im Osten der Ukraine) auf und stimmten darin überein, dass der Konflikt unter Wahrung der territorialen Integrität der Ukraine beendet werden müsse."

In Brüssel äußerte die EU-Kommission erneut die Hoffnung, dass die Einigung im Gasstreit zur Entspannung beitragen werde.

Winterpaket

Russland hatte sich am Vorabend unter Vermittlung der EU-Kommission mit der Ukraine auf ein Winterpaket zur Gasbelieferung geeinigt. Demnach wird die Ukraine bis Jahresende offenen Gasrechnungen von insgesamt rund 3,1 Milliarden Dollar begleichen. Für die Lieferungen in den kommenden Monaten verlangt Russland Vorkasse. Nach den Worten von Gazprom -Chef Alexej Miller könnten die Lieferungen bereits kommende Woche wieder beginnen, wenn alle finanziellen Voraussetzungen dafür erfüllt seien. "Alles hängt davon ab, wann die Ukraine zahlt", sagte Miller in einem Fernsehinterview. Er gehe davon aus, dass dies bis Ende nächster Woche geschehe. Seiner Darstellung zufolge müsste die Ukraine dafür 2,2 Milliarden Dollar aufbringen: 1,45 Milliarden Dollar zur Begleichung von Altschulden und 760 Millionen Dollar für die Belieferung im November.

Der ukrainische Ministerpräsident Jazenjuk garantierte, dass Gas weiterhin von Russland durch sein Land nach Europa geleitet werde. Die Ukraine werde Russland keinen Vorwand liefern, die Ukraine oder Europa zu erpressen. Jazenjuk kündigte Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) an, um weitere Gelder aus dem 17 Milliarden Dollar schweren Hilfspaket zu erhalten.

Im Falle eines Scheiterns der Gas-Gespräche hätten in einem harten Winter nicht nur der Ukraine, sondern womöglich auch Westeuropa Engpässe bei der Gasversorgung gedroht. Die EU bezieht rund ein Drittel ihres Gasbedarfs aus Russland. Etwa die Hälfte davon fließt durch die Ukraine. Die EU hatte befürchtet, dass die Ukraine in Notlagen Gas aus den Pipelines abzweigen könnte. (Reuters, 31.10.2014)