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IS-Flagge auf einem Gebäude in Kobane.

Foto: REUTERS/Yannis Behrakis

Kobane - Die kurdischen Kämpfer in Kobane haben laut Aktivisten einen erneuten Angriff der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) zurückgeschlagen. In der nordsyrischen Grenzstadt habe es in der Nacht auf Samstag heftige Gefechte gegeben, sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdelrahman.

Eine am Freitag eingetroffene Gruppe irakischer Peschmerga-Kämpfer beteiligte sich demnach noch nicht an den Kämpfen. Die Gefechte in Kobane hätten bis in die Früh angedauert, sagte Abdelrahman der Nachrichtenagentur AFP. In den zurückliegenden drei Tagen seien im Kampf um Kobane mindestens hundert IS-Kämpfer getötet worden. Seit Beginn der Gefechte Mitte September seien damit mehr als 570 Jihadisten und insgesamt mehr als 950 Menschen getötet worden.

Laut der Beobachtungsstelle, die in Großbritannien ihren Sitz hat und ihre Angaben aus einem Netzwerk von syrischen Aktivisten bezieht, erhielten die IS-Einheiten Verstärkung aus den syrischen Provinzen Aleppo und Raqqa. Auf der Seite der kurdischen Selbstverteidigungskräfte (YPG) gab es demnach am Freitag 15 Tote.

Jubel über Peschmerga-Ankunft

Die irakischen Peschmerga-Kämpfer, die am Freitag zur Verstärkung der YPG nach Kobane gereist waren, beteiligten sich der Beobachtungsstelle zufolge noch nicht an den nächtlichen Gefechten. Etwa 150 Peschmerga-Kämpfer aus dem Nordirak waren am späten Freitagabend in Kobane eingetroffen, um die Verteidiger der Stadt zu unterstützen. Die kurdischen Kämpfer waren in mehreren Bussen und Militärfahrzeugen von der türkischen Stadt Suruc über die Grenze gefahren. Der Konvoi wurde von türkischen Soldaten eskortiert. Am Straßenrand jubelten Hunderte Kurden den Kämpfern zu.

Die Türkei hatte sich erst nach langem Zögern und intensivem Druck der USA bereit erklärt, die irakischen Kurden-Kämpfer durchreisen zu lassen. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan warf dem Westen am Freitag vor, sich im Kampf gegen den IS zu sehr auf Kobane zu konzentrieren.

In der nordwestsyrischen Provinz Idlib eroberten nach Angaben der Beobachtungsstelle Kämpfer der mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbündeten islamistischen Al-Nusra-Front ein Dorf aus der Hand moderater syrischer Rebellen. Demnach wurde um Deir Sonbol 24 Stunden lang gekämpft.

Vom Westen unterstützte moderate Aufständische kämpfen in Syrien sowohl gegen den IS als auch gegen Regierungstruppen von Staatschef Bashar al-Assad. Aus anfangs friedlichen Protesten gegen Assad entwickelte sich in dem Land seit März 2011 ein Bürgerkrieg mit bisher mehr als 180.000 Toten.

Die Al-Nusra-Front war einmal eine der stärksten Milizen, die in Syrien den Sturz Assads betreiben. Zuletzt hat ihr jedoch die Extremisten-Miliz "Islamischer Staat" immer mehr den Rang abgelaufen. In großen Teilen Syriens und des Irak hat der IS ein Kalifat ausgerufen. An der syrisch-türkischen Grenze versucht die Miliz seit Wochen, die Kurden-Stadt Kobane einzunehmen.

Im benachbarten Irak, wo der IS große Teile des Nordens besetzt hält, griffen die Regierungstruppen nach eigenen Angaben am Freitag die vom IS gehaltene strategisch wichtige Stadt Baiji an. Demnach wurden zwei Stadtteile aus der Hand der Islamisten zurückerobert.

Peschmerga starteten neue Offensive gegen Extremisten

Kurdische Peschmerga haben unterdessen im Nordirak eine neue Offensive begonnen, um die Stadt Sinjar aus der Gewalt des IS zu befreien. Die Kämpfer griffen die Extremisten aus mehreren Richtungen mit schweren Waffen an, sagte ein Vertreter der kurdischen Kräfte am Samstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Der IS habe nicht näher bezifferte Verluste erlitten.

Schwere Verlust gibt es allerdings auch auf der Gegnerseite: Auf ihrem Vormarsch im Irak haben IS-Kämpfer nach Angaben von Stammesmitgliedern und aus Sicherheitskreisen mindestens 85 Menschen getötet. Damit habe die Extremistenmiliz ihre Vergeltungsoffensive gegen jene Verbände fortgesetzt, die sich dem IS in den Weg gestellt und einen Anschluss an die Organisation verweigert hätten.

Ein Vertreter des Sunniten-Stammes Albu Nimr sagte am Samstag, 50 vertriebene Angehörige seien am Vortag vom IS umgebracht worden. Ein Mitglied der Sicherheitskräfte erklärte, in einem Massengrab seien 35 Leichen gefunden worden, die bei einem anderen Überfall getötet worden seien. Während der Kampf um die Stadt Kobane im Fokus steht, treibt der IS seine Offensive andernorts voran.

Erst am Donnerstag waren in der Provinz Anbar zwei Massengräber entdeckt worden, in denen laut Sicherheitskreisen mindestens 220 Leichen vom IS verscharrt worden waren. Die Toten gehörten demnach zu einer Gruppe von 300 Angehörigen des Albu-Nimr-Stammes, die in den vergangenen Tagen vom IS verschleppt wurden. IS-Kämpfer hätten erklärt, dass es sich um eine Strafaktion gegen den Widerstand gehandelt habe. (APA/red, derStandard.at, 01.11.2014)