Rom/Brüssel - Knapp ein Jahr nach dem Beginn der systematischen Rettung von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer durch die italienische Marine wurde diese unter dem Namen Mare Nostrum laufende Aktion am Samstag eingestellt. Dafür startete in den Gewässern vor Sizilien und vor der ebenfalls zu Italien gehörenden Insel Lampedusa die von der EU-Grenzschutzagentur Frontex betriebene und von Italien unterstützte Mission Triton oder auch "Frontex plus" - die jedoch laut Flüchtlingshelfern Mare Nostrum keineswegs ersetzen kann.

Vielmehr sei "zu befürchten, dass ab jetzt erneut viele Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken werden", sagt etwa Elias Bierdel von der Gruppe Borderline Europe zum STANDARD. Ein erneutes Ansteigen der Zahl der Toten wäre "eine humanitäre und moralische Bankrotterklärung Europas" - zumal man durch Mare Nostrum "jetzt weiß, um wie viele Menschen es hier geht". Seit Oktober 2013 wurden 100.000 Personen geborgen, rund 50.000 erreichten Italien aus eigener Kraft.

Mare Nostrum war von einer Reihe EU-Staaten kritisiert worden, weil es einen Anreiz zur Flucht nach Europa bieten könne. Die italienische Rettungsaktion deckte 160 Seemeilen bis vor die libysche Küste ab; im Rahmen von Triton wird nur noch 30 Seemeilen vor Italien patrouilliert. Auch die Kostenfrage wurde gegen Mare Nostrum ins Treffen geführt. Die Aktion kostete monatlich neun Millionen, Triton nur drei Millionen Euro. (Irene Brickner, DER STANDARD, 3.11.2014)