Borowljani - Sie ist schon von weitem zu sehen: die Klinik von Borowljani, ein schmuckloser Neubau mit blau-weißer Fassade. Das Hochhaus bestimmt nicht nur optisch die Umgebung. Menschen aus ganz Weißrussland reisen in den Ort rund 20 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Minsk, um in dem auf Krebserkrankungen spezialisierten Spital eine Behandlung zu erhalten. In dem an das Spitalsareal anschließenden SOS-Kinderdorf, welches das erste in Weißrussland war, wohnen auch krebskranke Kinder mit einem Elternteil beziehungsweise einem Verwandten.

Insgesamt kommen jedes Jahr bis zu 90 Kinder in diese speziellen Unterkünfte in der Einrichtung - die unter anderem von SOS-Kinderdorf Österreich unterstützt wird. Die meisten der Patienten leiden an Leukämie, 30 Prozent haben bösartige Tumoren.

Rund ein Viertel der Fläche von Weißrussland ist von den Folgen des Reaktorunglücks von Tschernobyl im Jahr 1986 betroffen.

Monatelange Behandlung

Bevor die jungen Patienten samt Begleitung in dem Kinderdorf eine Art Wohngemeinschaft beziehen, haben sie schon mehrere Wochen bis Monate stationär in der Krebsklinik verbracht. Danach werden sie weiter behandelt, dürfen aber außerhalb des Krankenhauses schlafen. Für die Behandlungsplätze in dem Spital gibt es lange Wartelisten, sagt Walentin Tschernjakewitsch, der Leiter des SOS-Kinderdorfs. Sechs- bis siebenmal im Jahr komme es auch vor, dass Patienten wieder nach Hause geschickt werden, weil ihnen nicht mehr geholfen werden könne.

Für die meisten der jungen Patienten dauert die Behandlung rund ein Jahr lang. "Das kann psychisch sehr belastend sein", weiß Psychologin Ljudmila Karagoda, die im SOS-Kinderdorf für die Betreuung der Kinder und ihrer Begleitpersonen zuständig ist. In Karagodas kleinem Behandlungszimmer lacht Meerjungfrau Arielle von der Wand, die Regale sind voll mit Handpuppen, Trommeln und Farben. Auch Erwachsene sollen in dem Zimmer in einem der Kinderdorf-Häuser ihre Emotionen herauslassen. "Die Eltern sehen oft das Herauskommen aus dem Krankenhaus als Ziel", sagt die Psychologin, "wenn sie dann hierherkommen, sind sie oft ganz erschöpft." Dabei ist der Kampf gegen die Krankheit dann meist noch lange nicht vorbei. (Gudrun Springer, derStandard.at, 4.11.2014)

Die Reise nach Weißrussland wurde mit EU- und ADA-Mitteln von SOS-Kinderdorf Österreich ermöglicht.

Walentin Tschernjakewitsch leitet das SOS-Kinderdorf Borowljani nahe Minsk, das auch krebskranken Kindern mit Angehörigen einen Platz bietet.

Foto: Gudrun Springer

Rund 90 Kinder mit Krebsleiden kommen in dem Kinderdorf jedes Jahr unter.

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Ein Bild, das im Stiegenaufgang eines der Häuser hängt, in dem Familien leben, deren kranke Kinder im nahen Spital behandelt werden.

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Psychologin Ljudmila Karagoda betreut die Krebspatienten und ihre Begleitpersonen.

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Die Wände des Behandlungszimmers sind bunt bemalt.

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Unter anderem mit Handpuppen arbeitet die Psychologin - durchaus auch mit den Erwachsenen.

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