Ein Fremder aus Dänemark, der in den Landschaften Patagoniens an seine Grenzen stößt: Viggo Mortensen in "Jauja".

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Lisandro Alonso (39) ist ein argentinischer Filmemacher.

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Der Titel des Films verweist auf ein imaginäres Land: "Jauja" liegt irgendwo zwischen Traum und Realität. Dabei führt der erste Historienfilm des Argentiniers Lisandro Alonso (Los Muertos, Liverpool) zunächst an einen ganz konkreten Ort, nach Patagonien im Jahr 1882, wo gerade ein Krieg gegen die indigene Bevölkerung tobt. Captain Gunnar Dinesen (Viggo Mortensen) muss sich auf eine andere Mission begeben: Er sucht seine Tochter, die eines Nachts mit einem Liebhaber verschwunden ist. Von da an führt Jauja immer tiefer in die Wüste - in ein Land, das mit dem Verstand nicht zu fassen ist.

STANDARD: "Jauja" ist Ihr erstes "period piece". Wie kam es zu dieser Fantasie, die die Vergangenheit als eine Folie nimmt?

Lisandro Alsonso: Ich war der Gegenwart und der Settings meiner bisherigen Filme nicht wirklich überdrüssig, dennoch habe ich für eine Weile aufgehört, Filme zu machen. Und dann habe ich mich oft gefragt, welche Richtung ich noch verfolgen soll. Nach ein paar Jahren dachte ich, es muss eine neue Herausforderung her: ein Film in einer anderen Zeit, in mehreren Sprachen, mit Schauspielern ...

STANDARD: Und mit einem Skript, das Sie mit dem Autor Fabian Casas geschrieben haben.

Alonso: Ja, ich habe Casas getroffen, der auch ein enger Freund von Viggo Mortensen ist. Wir schrieben gemeinsam einen Entwurf - er ist kein Drehbuchschreiber, das Material musste man noch organisieren. Dann erfuhr ich, dass Viggo Dänisch spricht, sogar einen dänischen Pass besitzt - also entschieden wir uns dazu, den Film auf Dänisch zu machen. Noch viel exotischer!

STANDARD: Viggo Mortensen hat sich auf vielen Ebenen eingebracht ...

Alonso: ... Viggo hat alles gemacht. Er ist Produzent, Schauspieler, Komponist. Er hat auch viele Ideen ins Drehbuch einfließen lassen, ist ständig darum bemüht, Szenen zu stärken. Und er mochte die Idee, einen Dänen zu spielen. Es ist das erste Mal, dass er in einem Film Dänisch spricht.

STANDARD: Wie wichtig ist die Sprache für Sie in filmischer Hinsicht - in Ihren früheren Arbeiten wird ja fast gar nicht gesprochen?

Alonso: Für mich ist nicht wichtig, was gesagt wird, dafür aber der Sound der Sprache. Skandinavische Sprachen klingen für einen Lateinamerikaner geheimnisvoll, besonders im Kontext eines Historienfilms. In der Szene, in der Dinesen die alte Frau in der Höhle trifft, mag ich jedoch ihre Worte sehr: diesen poetischen Blick auf Leben und Tod, diese mysteriösen Fragen nach Identität.

STANDARD: Sie haben erstmals mit Kameramann Timo Salminen zusammengearbeitet, der durch seine Filme mit Kaurismäki bekannt ist. Warum haben Sie sich für das Academy-Format entschieden, das die Räume sehr eng macht.

Alonso: Mit Timo zu arbeiten war großartig, er ist vor allem mit der Lichtsetzung so versiert. Mir erschien es für einen "Kostümfilm" passend, die Künstlichkeit noch zu betonen. Durch Timos Beleuchtung hat man fast das Gefühl, als wäre man im Studio. Was die Ratio betrifft, habe ich auf 1:1.85, also Breitwand, gedreht, dies aber beim Schnitt geändert. Meinem Gefühl nach muss man umso narrativer werden, je mehr Panorama man hat. Ich dachte, dass die Leute bei einem Mann mit Pferd auf Action warten - aber das wäre der falsche Weg gewesen, also wechselte ich die Richtung.

STANDARD: Die Bilder werden noch entrückter?

Alonso: Es ist wie eine weitere Schicht über den Bildern. Man erkennt, dass man den Film nicht als etwas sehen sollte, was in der Gegenwart passiert. Im besten Fall erinnert er ein wenig an die Erfahrung, wenn man ein Gemälde betrachtet.

STANDARD: Der Film ist auf 35 mm gedreht - auch ein Trägermaterial, das langsam verschwindet ...

Alonso: Ich ziehe Film vor: Der Takt, die Zeit, der Rhythmus sind anders. Irgendwann werde ich umstellen müssen, schon diesmal musste ich das Material in fünf verschiedenen Ländern suchen.

STANDARD: Wie genau bereiten Sie die Szenen vor - und wie finden Sie die Schauplätze?

Alonso: Ich kenne immer ein paar Orte, an denen ich unbedingt drehen will. Und dann erstelle ich die Geschichte des Films so, dass sie durch diese Orte hindurchführt. Ich denke erst über den Film nach, wenn ich die Schauplätze gefunden habe. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 4.11.2014)