Sie ist die erste und einzige Frau an der Spitze eines in Österreich tätigen Mineralölunternehmens: Gerlinde Hofer, Chefin von BP Österreich mit langjähriger Verantwortung für den Tankstellenbereich.

Foto: Andy Urban

STANDARD: Die Ölpreise sind auf Talfahrt. Ein Fluch oder ein Segen?

Hofer: Für die Raffinerien eher ein Fluch, die leben von höheren Margen. Für den Konsumenten ist es positiv, weil die Treibstoffpreise automatisch sinken.

STANDARD: Aber nicht so stark wie Rohöl.

Hofer: Der Tankstellenpreis besteht aus verschiedenen Komponenten, nur einer davon ist der Rohölpreis. Der Zusammenhang jedenfalls ist da. Dass Rohöl billiger geworden ist, hat auch mit der Entwicklung der Weltwirtschaft zu tun, mit dem, was in Amerika passiert – Stichwort Schieferöl –, mit der Krise rund um Russland und mit der Tatsache, dass der Treibstoffverbrauch in den OECD-Staaten zurückgeht.

STANDARD: Auch bei den Tankstellenshops ist nicht alles eitel Wonne. Sollten die Öffnungszeiten im Handel doch liberalisiert werden, welchen Grund gibt es dann noch, nach Feierabend oder am Wochenende im Tankstellenshop einzukaufen?

Hofer: Es gibt viele Kunden, die kommen nur zum Shoppen. Ein großer Teil verbindet beides, Tanken und Shoppen. Wenn unser Angebot preislich und parkplatzmäßig attraktiv bleibt, ist das künftig möglicherweise ein Motiv mehr. Aber klar, der Wettbewerb würde durch liberalisierte Öffnungszeiten noch härter werden.

STANDARD: Sie glauben, dass das kommt?

Hofer: Der Status quo ist nicht zu halten. Es wird so lange diskutiert werden, bis sich bei den Öffnungszeiten etwas ändert.

STANDARD: Woher bezieht BP Österreich die Mineralölprodukte?

Hofer: Aus den deutschen Raffinerien. Im Zuge der Neuorganisation und der Gründung der BP Europe SE haben wir die gesamte Treibstoffkette auf neue Beine gestellt. BP Österreich ist seither zwar eine Zweigniederlassung der BP Europa SE, unseren Ergebnissen hat das aber sehr gutgetan.

STANDARD: BP betreibt ein Schmierstoffwerk in Wiener Neudorf. Wie lange noch?

Hofer: Nach jetzigem Wissensstand noch lange. Wir sind sehr stolz darauf, Castrol ist Marktführer in Österreich.

STANDARD: Könnte man die Schmiermittel nicht günstiger aus Deutschland beziehen?

Hofer: Wiener Neudorf wird aber innerhalb von BP Europe durchaus als guter Standort gesehen. Wir versorgen auch umliegende Märkte mit Schmiermitteln.

STANDARD: Der Steuervorteil von Diesel könnte bald fallen?

Hofer: Speziell Lkw-Transporte würden dadurch finanziell schwer belastet. Die meisten Transporte in Österreich erfolgen auf kurzen Strecken, wo ein Wechsel auf die Schiene nicht Sinn macht.

STANDARD: Es geht um rund zehn Cent je Liter?

Hofer: Größenordnungsmäßig. Auch der Tanktourismus würde wegfallen.

STANDARD: Ist es nicht gerechter zu sagen, wir besteuern Ottokraftstoffe und Diesel gleich?

Hofer: Der Dieselanteil ist nur deshalb so hoch in Österreich, weil die Besteuerung deutlich geringer ist. Man hat seinerzeit einem Teil der Wirtschaft einen Vorteil verschafft. Eine Rücknahme der Begünstigung ohne Alternative für diesen Sektor würde sicher der Konsument in Form höherer Produktpreise zu spüren bekommen.

STANDARD: Merken Sie nun auch beim Dieselverbrauch Kaufzurückhaltung?

Hofer: Ja. Aber ob das auf die Wirtschaftskrise oder auf den generell schrumpfenden Markt zurückzuführen ist, lässt sich schwer sagen. Die Motoren werden leistungsfähiger, und das Potenzial an Einsparmöglichkeiten ist noch lange nicht erschöpft.

STANDARD: Auch sonst bläst der Mineralölbranche der Wind ins Gesicht: Politisch wird eine Elektrifizierung des Fuhrparks gewünscht.

Hofer: Was sich die Politik wünscht und was tatsächlich auf der Straße stattfindet, sind zwei verschiedene Sachen.

STANDARD: 200.000 Elektroautos bis 2020 ist das Ziel in Österreich ...

Hofer: ... derzeit sind gerade einmal 2.000 Elektrofahrzeuge auf Österreichs Straßen unterwegs. Die Technik ist einfach noch nicht so weit. Die Leute brauchen Stunden, um das Elektroauto aufzuladen, und kommen dann nicht sehr weit. Für jemanden, der viel fahren muss, ist uneingeschränkte Mobilität aber wichtig. Ich persönlich glaube, dass sich das Hybridkonzept durchsetzen wird, die Kombination von Elektro- mit Benzin- oder Dieselmotor

STANDARD: Woran denken Sie spontan, wenn Sie Deepwater Horizon hören?

Hofer: An das Jahr 2010, das uns alle sehr gefordert hat, an Menschen, die ihr Leben gelassen haben. Viel Geld wurde investiert, um den Golf von Mexiko sauber zu machen. Dieses Ereignis ist in die Geschichtsbücher eingegangen.

STANDARD: Welche Lehren hat man gezogen?

Hofer: Die Maxime, dass Sicherheit vor allem anderen kommt, hat es damals schon gegeben. Nun ist das nochmals verstärkt worden. Diese Idee durchzieht alle Bereiche bis hin zum absoluten Telefonierverbot im Auto. (Interview: Günther Strobl, DER STANDARD, 4.11.2014)