Rachat Alijew sitzt seit Juni in Wien in Untersuchungshaft.

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Wien – Die Causa Rachat Alijew – konkret der Strang, in dem die Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts des Mordes an zwei Bankern in Kasachstan gegen den kasachischen Exbotschafter ermittelt – geht in Richtung Finale. Der Vorhabensbericht liegt im Justizministerium; laut einer Stellungnahme der Staatsanwältin, aus der Ö1 jüngst zitierte, bestehe nach Einvernahme von 90 Zeugen in Österreich und Kasachstan (per Skype) eine "erdrückende Beweislage" gegen Alijew. Er habe gedacht, die Banker hätten sich an seiner, Alijews, Nur-Bank bereichert. Er habe sie entführt, um sie zu Zahlungen und Geständnis zu zwingen; als deren Frauen die Öffentlichkeit informierten, habe er "den Tatplan geschmiedet, die Opfer zu töten und zu verstecken".

Alijew weist Vorwürfe zurück

Alijew, kasachischer Ex-Geheimdienst-Chef und in Ungnade gefallener Ex-Schwiegersohn von Präsident Nursultan Nasarbajew, sitzt seit Juni in Wien in Untersuchungshaft. Er weist die Vorwürfe zurück; Zeugen des mutmaßlichen Mordes gibt es nicht. Alijews Rechtsanwälte werden nicht müde zu argumentieren, das Verfahren (Österreich liefert Alijew nicht aus und führt das Verfahren daher selbst) werde von Nasarbajew manipuliert. Stephan Prochaska, einer der Alijew-Anwälte, spricht etwa von Widersprüchen zur Auffindung der Leichen im Mai 2011. In einem Schreiben der kasachischen Generalprokuratur an die Staatsanwaltschaft 2012 ist zu lesen, dass "die Gesamtheit von Ermittlungsmaßnahmen (...) wie Zeugeneinvernahmen (...) zur Auffindung der sterblichen Überreste" geführt habe. Nun, 2014, argumentiere dieselbe Behörde, es habe einen "Tipp" gegeben.

Sie beruft sich auf den kasachischen Botschafter in Kroatien, Aslan Mussin. Er bestätigte im Juni 2014 vor der Polizei in Spielfeld eine Aussage, die er Tage davor in Kasachstan getätigt hatte. Ihm habe 2011 Aysultan Nusurbajew (Alijews Sohn; trägt den Namen seines Großvaters) erzählt, wo die Leichen lägen. Mussin war damals Kabinettschef des Präsidenten.

Leichen in "chemisch aggressivem Umfeld"

Die Leichen wurden in Kalkfässern gefunden. Die Kasachen teilten der österreichischen Behörde 2012 mit, "dass auf den Fässern, Kleidungsstücken bzw. anderen am 12. und 13. Mai gefundenen Gegenständen keinerlei DNA-Spuren gefunden wurden". Grund: "Die Objekte, die sich im Fass befanden, waren einem chemisch aggressiven Umfeld ausgesetzt." Dennoch gelang Gerichtsmedizinern der Berliner Charité (angeblich von Anwälten der Kasachen ins Spiel gebracht) die Identifizierung der Leichen.

Die Staatsanwaltschaft Wien gab dann zwar einen Auftrag an die Med-Uni Wien – die Überprüfung von DNA nahm sie aber laut Prochaska ausdrücklich aus. Sein Kritikpunkt: "Wenn unsere Justiz das Verfahren führt, muss sie österreichische Standards einhalten und darf sich nicht auf kasachische Beweise verlassen."

Das letzte Wort bezüglich einer etwaigen Anklage hat der Weisenrat. Justizminister Wolfgang Brandstetter ist befangen, weil Alijew sein Mandant war. (gra, DER STANDARD, 4.11.2014)