Binnenentwicklungsländer wie Lesotho haben mit hohen Kosten für Handel, langen Transportwegen und mangelnder Infrastruktur zu kämpfen. Das behindert ihr Wachstum.

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Robert Mugabe hat sich etwas verspätet. Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz, Bundespräsident Heinz Fischer und UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sitzen am Montag bereits auf dem Podium im großen Konferenzsaal der Wiener Uno-City, als sich eine Seitentür öffnet und das umstrittene Staatsoberhaupt Simbabwes samt seinen Sicherheitsleuten quer durch den Saal marschiert, um am Tisch seiner Delegation Platz zu nehmen.

Simbabwe ist eines von 32 Entwicklungsländern, um die es bei der größten Wiener UN-Konferenz seit zehn Jahren geht: Im Fokus stehen Entwicklungsländer ohne Meereszugang, kurz LLDCs (Landlocked Developing Countries, siehe Wissen). Über 1.000 Diplomaten, Wirtschaftsvertreter und NGO-Aktivisten sind aus über 90 Ländern angereist, darunter eben auch Staatschefs wie Mugabe oder Boliviens Evo Morales. UN-Chef Ban spricht vor Journalisten von einem "Meilenstein".

Handels- und Transiterleichterungen

Die LLDCs gelten als besonders benachteiligt: Weil über drei Viertel des Welthandels über den Seeweg laufen, ist der Zugang zu den Weltmärkten für diese Länder viel schwieriger und teurer. Es gibt komplizierte Transitregelungen, oft fehlt außerdem die Infrastruktur. Ein Aktionsplan am Ende der dreitägigen Konferenz soll deshalb Maßnahmen für die nächsten zehn Jahre festlegen, um den LLDCs in ihrer Entwicklung zu helfen: Handels- und Transiterleichterungen, der Ausbau von Infrastruktur, regionale Integration. "Kein Land darf zurückbleiben", sagt Generalsekretär Ban.

Doch im Hintergrund geht es um noch viel mehr – deshalb sind die Verhandlungen über den Aktionsplan auch nicht ohne Konflikte abgelaufen: 2015 ist das Jahr, in dem sich die UN-Mitgliedstaaten auf ein Nachfolgeprogramm für die Uno-Millenniumsziele einigen wollen. Im September 2015 soll es verabschiedet werden.

Lange Liste

Dieser Katalog muss erst noch ausverhandelt werden. Dokumente wie der geplante Aktionsplan und die Abschlusserklärung der LLDC-Konferenz sind für die Entwicklungsländer auch Gelegenheiten zu versuchen, den Industriestaaten schon jetzt Zugeständnisse abzuringen, auf die sie in den Verhandlungen über die Post-2015-Agenda verweisen können – vor allem finanzieller Natur. "Sie versuchen eine Art Präventivschlag", sagt ein Diplomat.

Derzeit hat die Staatengemeinschaft 17 Themenbereiche identifiziert, die den acht Millenniumszielen nachfolgen sollen. Sie gliedern sich in fast 200 Unterziele – viel zu viele, heißt es in westlichen diplomatischen Kreisen. "Das ist nicht mehr kommunizierbar." Aber weil so viele Akteure beteiligt sind und die neue Agenda universell für alle Staaten gelten soll, ist die Liste so lang geworden. Jetzt warten die Staaten auf einen Bericht des Generalsekretärs, der alles zusammenfasst und "den Blick in die Zukunft weist", wie es heißt.

Öffentliche Entwicklungshilfe reicht nicht

Als Präsident der Uno-Generalversammlung kommt in diesen Verhandlungen auch Sam Kutesa eine wichtige Rolle zu, dem bisherigen Außenminister Ugandas. Die Kritik, dass die Post-2015-Agenda zu ambitioniert ausfallen könnte, lässt er nicht gelten. "Die Ziele sind notwendigerweise ambitioniert – wir sprechen hier von einer Agenda, die die Welt verändern soll", sagt er im Gespräch mit dem STANDARD. Das übergeordnete Ziel bleibe: "Die Armut abschaffen und nachhaltiges Wachstum zu erreichen."

Anfang nächsten Jahres sollen die Verhandlungen beginnen. Besonders wichtig sei für die Entwicklungsländer die Schaffung von Infrastruktur – Straßen, Schienen, Informationstechnik, Energie. Auch deshalb sei die Wiener Konferenz so wichtig. Aber: "Die Ziele zu setzen ist eine Sache – sie zu finanzieren eine andere." Die öffentliche Entwicklungshilfe reiche dazu nicht aus. Deshalb sei in Zukunft auch vor allem der Privatsektor gefragt. (Julia Raabe, DER STANDARD, 4.11.2014)