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Ende der 1980er-Jahre war es in Kreisen junger, unverheirateter Männer nicht nur modern, zu Beavis den Butt-Head zu geben und mit T-Shirts norwegischer Kirchen-Niederbrenner ins Nachtleben auszurücken. Neben menschenfeindlicher Heavy-Metal-Musik damals total abgesagter Bands wie Black Sabbath und zeitgleich neumodernen Speed- und Drei-Tage-wach-Wüterichen wie Napalm Death gingen in der Folge auch politische Brutal-Hip-Hopper wie Public Enemy durch; Hardcore- und Bretter-Bretter-Bretter-Tekkno sowieso.

Wenn man dazu noch das absolute Anti-Entertainment der alten Industrial-Schule nimmt, die mit Throbbing Gristle, Einstürzende Neubauten oder Test Department oder SPK und Whitehouse ein Jahrzehnt zuvor umgingen, und das Ganze zu einem Monolithen des Zorns und der Scheußlichkeit dieser Erde aufbläst, dann ist man sehr nahe an Albumklassikern des aus dem britischen Sheffield kommenden Duos Godflesh dran.

Nach Meisterwerken wie "Streetcleaner" und zuletzt "Hymns" aus dem Jahr 2001 trennten sich Justin K. Broadrick und G. Christian Green allerdings und schickten ihren mit aller Last der Welt beladenen, Erdplatten verschiebenden Drum-Computer in die Frührente. Drogen, Zusammenbruch, Genesung, die Gründung einer Kleinfamilie. Das übliche Erwachsenenzeug.

Mit "A World Lit Only By Fire" schließen sie als Männer in der Lebensmitte unmittelbar an ihre Vergangenheit an. Der Drum-Computer bringt die Mauern von Jericho zum Einsturz, der Bass wühlt tief in der Geschichte der Schuld. Vertreibung aus dem Paradies und so. Die Gitarre schneidet aus Gottes Fleisch schöne saftige Schopfbratenscheiben. Warum man mit knapp 50 noch immer wie ein wilder Hund brüllen muss, ist allerdings unklar. (Christian Schachinger, Rondo, DER STANDARD, 7.11.2014)