Bild nicht mehr verfügbar.
Ziel ist eine breite Regierungsmehrheit 2015: Podemos-Chef Pablo Iglesias.
Die Meinungsforscher sehen Spanien vor einem tiefgreifenden Wandel. Die im Entstehen begriffene Partei Podemos - "Wir können" - liegt in einer neuen Umfrage der Tageszeitung El País erstmals auf Platz eins. Die Protestbewegung rund um den 36-jährigen Politikprofessor Pablo Iglesias rangiert mit 27,7 Prozent vor der sozialistischen PSOE (26,2) und dem regierenden Partido Popular (20,7). Die Konservativen verlieren dank ihrer Sparpolitik mehr als die Hälfte der Stimmen. Die Sozialisten, die 2011 erstmals die Schere ansetzten, sacken weiter ab.
Podemos erzielte bei den Europawahlen im Mai aus dem Stand acht Prozent der Stimmen und damit fünf EU-Abgeordnete. Seither bestimmen sie die Debatte in Spanien. "Wenn du nicht Politik machst, machen sie die Politik für dich", heißt das Leitmotiv von Podemos. Es geht nicht um die große Revolution, sondern um "den gesunden Menschenverstand". Schulden aus der Bankenrettung und aus Unterstützung großer Firmen sollen nicht bezahlt, ein Mindestlohn für alle eingeführt und mehr Basisdemokratie verwirklicht werden.
Gegen die Etablierten
"Die Kaste" - wie Podemos alle nennt, die von Politik und Nähe zur Macht leben - soll entmachtet, Korrupte sollen angeklagt, der Einfluss von Banken und Großunternehmen gebrochen werden.
Bei sechs Millionen Arbeitslosen, einer halben Million zwangsgeräumten Wohnungen und einer nicht abreißen wollenden Welle von Korruptionsfällen sind solche Ideen populär. 217.000 Menschen haben sich mittlerweile bei Podemos online eingeschrieben. Mehr als 900 Kreise - offene Versammlungen - tagen Woche für Woche auf Plätzen und in Parks. Das erinnert an die Bewegung der "Empörten" von 2011, aus denen sich Podemos teilweise speist.
Vorbereitung auf Superwahljahr
Nach einer Versammlung in Madrid mit 8000 Teilnehmern stimmten mehr als 112.000 online über Struktur, Programm und ethische Grundsätze ab. Bis 15. November werden online die Personalfragen geklärt. Keiner zweifelt daran, dass Iglesias und seine Vertrauten, meist Uniprofessoren wie er, an die Spitze gewählt werden.
2015 wird ein Superwahljahr in Spanien. Im Mai werden alle Gemeinderäte sowie 13 Regionalregierungen gewählt, im Herbst stehen Parlamentswahlen an. "Wir sind angetreten, um zu regieren", erklärt Iglesias. Er strebe eine absolute Mehrheit an. "Aus einer Notwendigkeit heraus", denn selbst ein hervorragendes Ergebnis würde nichts nützen, wenn sich PP und PSOE zu einer Koalition zusammenschließen. (Reiner Wandler aus Madrid, DER STANDARD, 5.11.2014)