Ende Oktober 2011, also vor etwas mehr als drei Jahren, brachte Samsung das erste Galaxy Note-Smartphone auf den Markt. Mit einem 1,4-GHz Dualcore-Prozessor, einem GB Arbeitsspeicher und HD-Auflösung von 1.280 x 800 Pixel nebst 8-MP-Kamera brachte der koreanische Konzern absolute Highend-Spezifikationen ins Spiel, die noch dazu mit Stifteingabe ergänzt wurden.
Doch diskutiert wurde ein ganz anderes Merkmal des Android-Telefons: Seine Bildschirmdiagonale. Das erste Note wagte sich nicht nur an die damals noch selten erreichte Fünf-Zoll-Marke in Sachen Display-Diagonale, sondern mit 5,3 Zoll klar darüber hinaus. Ob dieses Format, das den Nutzer praktisch zu beidhändiger Verwendung zwingt, nicht zu viel des Guten war, wurde heiß diskutiert.

Manche witterten gar einen Angriff auf Tablets (was letztlich zur Entstehung des Begriffes "Phablet" führte), die damals noch mit dem eigentlich rein auf Smartphone ausgelegten Android 2.3 "Gingerbread" oder der kurzlebigen Tablet-only-Version 3.0 "Honeycomb" ausgestattet waren. Android 4.0, das einen großen Schritt zur Vereinigung beider Welten in das gleiche Grundsystem bedeutete, war erst wenige Tage zuvor erschienen.
Die Rätsel von damals sind heute geklärt. Ja, es gibt Bedarf an Smartphones mit sehr großen Displays. Von Anfang an großer Beliebtheit erfreuten sich diese in Asien, doch auch die westliche Kundschaft weiß Geräte zu schätzen, die eine ordentliche Betrachtungsfläche bieten, aber trotzdem noch in Hosen- oder Anzugtasche passen. Diesen Anspruch erfüllt auch die mittlerweile vierte Generation des Galaxy Note, die der WebStandard ausführlich getestet hat.


Seit 2011 ist die Note-Reihe trotz ihrer ohnehin üppigen Erstmaße immer weiter gewachsen. Heuer tischt Samsung mit dem Galaxy Note 4 ein 5,7-Zoll-AMOLED-Display auf, das obendrein ein 2K-Auflösung (2.560 x 1.440 Pixel, 515 PPI) mitbringt. Darunter findet sich in der Variante für westliche Märkte Qualcomms neuester Snapdragon-Chip, das Modell 805, das vier Rechenkerne mit 2,7-Ghz-Taktung und die Adreno 420-GPU mitbringt. Geklotzt wird auch beim Arbeitsspeicher, der mit 3 GB dimensioniert ist.
Der interne Speicher für System, Apps und andere Inhalte fasst 32 GB, kann aber via microSD-Slot um bis zu 128 GB erweitert werden. Der Slot dafür findet sich hinter der abnehmbaren Rückseite im gewöhnungsbedürftigen Fake-Leder-Look. Dort sitzt auch der austauschbare 3.220-mAh-Akku, der im 3G-Betrieb bis zu 20 Stunden Sprechzeit oder 82 Stunden Musikwiedergabe durchstehen soll. "Quick charge" soll für schnelle Wiedereinsetzbarkeit sorgen und lädt die Batterie in 30 Minuten auf bis zu 60 Prozent auf.
Die restliche Ausstattung fällt ebenfalls unter "State of the Art" mit dem einen oder anderen Extra. Ins Netz kommt das Note 4 per WLAN (802.11 ac Dualband), 3G oder LTE. Andere Geräte lassen sich per Bluetooth 4.1 koppeln. Schnelle Verbindungsaufnahme mit anderen Handys oder sonstigen kompatiblen Geräten ermöglicht die NFC-Schnittstelle, zu Navigationszwecken dienen GPS-, GLONASS- und Beidou-Support.


Dem üblichen Array an diversen Sensoren wurde außerdem ein Fingerabdruckscanner hinzugefügt, der wie bei aktuelleren iPhones in den Homebutton verbaut ist. Außerdem findet sich auf der Rückseite neben dem Blitz der Kamera auch ein Messgerät für Puls und Blutsauerstoff. Beide Zusätze kennt man auch bereits vom Galaxy S5, das seit April auf dem Markt ist.
Samsung hat seine Designsprache mittlerweile etwas modernisiert und bleibt ihr auch beim Note 4 treu. Umgeben wird das Gerät von einem metallenen Rand, der beidseitig etwas abgeschrägt ist. Optisch erinnert die Komposition an das Galaxy Alpha, das das Unternehmen vor einigen Wochen wohl als Art direkte Konkurrenz zum iPhone 6 auf den Markt gebracht hat.
Geschmäcker sind freilich verschieden, wer sich aber schon in der Vergangenheit mit Samsungs Design anfreunden konnte, wird auch hieran Gefallen finden. In puncto Verarbeitung hat der Hersteller jedenfalls saubere Arbeit geleistet. Die Spaltmaße sind gering, die Tasten sitzen mit wenig Spiel an ihrem Platz. Einzig der Bereich zwischen Rückabdeckung und Kamera scheint sich als potenzieller Ablageort für Staub und Schmutz zu eignen. Da sich das Handy aber ja hinten öffnen lässt, stellt das kein relevantes Problem dar.
In ergonomischer Hinsicht könnte das Note 4 für manche User allerdings mit einem Problem aufwarten. Samsung hat sich dafür entschieden, Einschalt- und Lautstärketasten im oberen Drittel des rechten bzw. linken Gehäuserands zu platzieren. Während sich das Display auch mit dem Homebutton einschalten lässt, gestalten sich das Abschalten oder das Regeln der Lautstärke auf diesem Wege unnötig unpraktisch. Denn selbst Nutzer mit längeren Fingern werden dafür ihre zweite Hand ins Spiel bringen oder das Smartphone umständlich drehen müssen.

Davon abgesehen gilt für das Note 4 mit seinem 5,7-Zoll-Display das Gleiche, was bereits für den Erstling der Reihe galt: Um Zweihand-Bedienung kommt man in fast allen Anwendungsfällen nicht herum. Beachtet werden muss auch der Hosentaschenfaktor. Wer nicht unbedingt Cargo-Hosen trägt, spürt das Note 4 spätestens beim Sitzen, bei engeren Taschen wird es bereits beim Gehen etwas unangenehm. Sportler, die die Fitness-Funktionen verwenden wollen, sollten den Kauf einer Tasche einplanen, die sich etwa am Oberarm befestigen lässt.
Das Display selbst zeigt einen weiteren Fortschritt bei AMOLED-Panels und ist das bisher wohl beste seiner Art. Die Zeiten greller Farbtöne, wie man sie etwa vom Galaxy S3 kennt, sind mittlerweile vorbei. Farben sind zwar immer noch satt und zum Teil intensiver als nötig – gut erkennbar beim Betrachten von Fotos auf dem Note 4 und einem Gerät mit anderer Bildschirmtechnologie -, aber wirken nicht mehr hoffnungslos unnatürlich.
Doch nun zu den durchaus beachtlichen inneren Werten. In den Benchmarks läuft das Note 4 der Konkurrenz derzeit davon. Mit rund 46.700 Punkten bei Antutu sticht es unter anderem das Galaxy S5 deutlich aus, dem es auch im Browserbenchmark Vellamo (rund 3.450 Zähler) klar enteilt. Im 3D-Test mit Epic Citadel liefert das Gerät mit einem Schnitt von knapp 58 Bildern pro Sekunde eine konstant ruckelfreie Darstellung.
Die synthetischen Messungen werden auch im Alltag bestätigt. Ohne merkbarer Mikroruckler gelangt man durch Samsungs Eigenbau-Systemoberfläche Touchwiz, die auf das Android 4.4-System aufgesetzt wurde. Apps starten schnell und selbst wenn im Hintergrund bereits einige Anwendungen laufen, sind kurzfristig kaum Beeinträchtigungen zu merken. Fallweise hakt es allerdings, wenn man das Handy über einen längeren Zeitraum mit Spielen fordert, ohne dass aber eine unangenehme Erwärmung zu bemerken wäre.
Hier darf Samsung gerne softwareseitig nachbessern und dabei auch noch andere Probleme ausbügeln. So produziert die Helligkeitsregelung unter manchen Bedingungen heftige Übersteuerungen und tüncht das Display damit in Neonfarben. Fallweise kann es auch vorkommen, dass der Bildschirm kurzzeitig auf manche Berührungen nicht reagiert.
Dazu arbeitet der Fingerabdrucksensor, der etwa zur Bestätigung von Bezahlvorgängen oder Bildschirmentsperrung genutzt werden kann, gerne etwa unzuverlässig. Wirklich ärgerlich wird es jedoch beim Pulsmesser, der eine sehr exakte Positionierung der Fingerspitze voraussetzt und sonst den Messvorgang abbricht.
Zu Touchwiz muss, wie immer, dazu gesagt werden, dass die grafische Umgestaltung des Android-Systems teils sehr deutlich ausfallen. Samsung ersetzt dazu auch Standard-Apps wie die Tastatur, inklusive Elementen wie den Emoticons. Das führt natürlich zu einem Mehr an Ressourcenaufwand, dazu weicht die Bedienlogik teilweise ebenfalls von Stock Android ab. Zwar bedeutet die aktuelle Touchwiz-Version aufgrund der Reduktion vieler Eingriffe einen Fortschritt, ärgerlich bleibt aber, dass die alternative Oberfläche im Alltag keinen merkbaren Mehrwert bietet.
Die einzige Ausnahme stellt der Multi-Windows-Modus dar: Er ermöglicht es, zwei Anwendungen gleichzeitig anzuzeigen, in geteilten, skalierbaren Fenstern über- oder nebeneinander. Das erleichtert das Multitasken in manchen Fällen, da man etwa nicht mehr die Homepage eines Restaurants aus dem Blick verliert, während man in Google Maps einen Anfahrtsweg sucht. Allerdings wird nicht jede App von diesem Modus unterstützt.
Weitestgehend überzeugend arbeiten die beiden Kameras des Galaxy Note 4. 16 MP Auflösung nebst optischer Bildstabilisierung bietet das rückseitige Modul, mit 3,7 Megapixel wartet die Frontkamera auf. Der Autofokus arbeitet, mit gelegentlichen Aussetzern, sehr flott, Bilder erstrahlen mit natürlichen Farben und Kontrasten sowie guter Detailtiefe. Auch unter schlechteren Lichtbedingungen bleibt die Bildqualität im Vergleich zu vielen anderen Smartphone-Kameras recht brauchbar. Wie praktisch alle anderen derzeitigen Spitzengeräte kann das Note 4 auch 4K- und Zeitlupenvideos schießen.
Samsungs eigene Kamera-App funktioniert dabei prinzipiell auch recht gut, zumal sie angenehm aufgeräumt gestaltet ist. Diverse Einstellungen, vom ISO-Wert über den Weißabgleich bis hin zum Messmodus des Autofokus können manuell angepasst werden. Dazu gibt es verschiedene Modi, von denen standardmäßig sieben bereits installiert sind. Darunter findet sich neben einem Panoramamodus oder einer Selfieoption für die Hauptkamera auch der "selektive Fokus", der bei der Fotografie von Objekten aus kurzer Distanz eine dreistufige Änderung des scharfgestellten Bildbereiches im Nachhinein ermöglicht.
Unverständlich: Weitere Modi können per Download nachinstalliert werden. Dazu muss allerdings ein eigenes Samsung-Konto angelegt werden. Updates für die Fitness-App S Health, die auch von Samsung und nicht über Google Play bezogen wird, setzen dies interessanterweise nicht voraus.
Ein prägendes Feature der Note-Reihe ist seit je her der den Telefonen beigelegte Stift, genannt S Pen. Das Note 4 ermöglicht dessen Mitführung im Gehäuse selbst, wo selbiger gut aufgehoben und trotzdem leicht entnehmbar ist. Das Handy erkennt, wenn der Nutzer den Stift herauszieht und bereitet sodann das vierteilige Kurzmenü vor, das sich sonst auch mit einem Druck auf den Knopf auf der Seite des S Pen aufrufen lässt, wenn man diesen in die Nähe des Bildschirms hält. Zur Erleichterung der Bedienung signalisiert der Stift den Erkennungsabstand auch durch einen kleinen Punkt, der unterhalb seiner Spitze dargestellt wird.
Anlegen lässt sich mit dem Stift etwa ein Aktionsmemo. Hierbei startet das System Samsungs eigene Notizenapp als Overlay über dem aktuellen Bildschirm. Eingegebener Text, zum Beispiel eine Adresse, wird per Handschrifterkennung umgewandelt und kann dann an andere Apps wie Google Maps geschickt werden. Die intelligente Auswahl wiederum ermöglicht das Markieren eines Ausschnittes am aktuellen Bildschirm, auf welchem dann wiederum via OCR Text ausgelesen und genutzt werden kann. Beide Funktionen erweisen sich als nützlich und zuverlässig bei der Texterkennung.
"Bildclip" wiederum ist ein Werkzeug zum Ausschneiden eines Teils des aktuellen Bildschirminhalts in beliebiger Form. Abseits von grafischen Spielereien hält sich der Mehrwert in Grenzen. Praktisch ist dafür das Anlegen einer Screenshot-Notiz – das System speichert also den Bildschirminhalt und stellt Werkzeuge bereit, um per Stift darauf Markierungen, Skizzen und Zeichnungen anzulegen, die sich natürlich weitergeben lassen.
Der S Pen mag zwar ergonomisch aufgrund seines schmalen Durchmessers kein Wunderding sein, ist aber auf Seiten der Software sehr sinnvoll und gut nutzbar von Samsung integriert worden. Dazu ist das Schreibgefühl für eine nicht-papierene Unterlage gelungen und auch die Erkennung unterschiedlicher Druckpunkte klappt gut.
Keine Blöße gibt sich Samsung bei den eigentlichen Grundfunktionen eines Telefons. Bei Gesprächen verstehen sich die Teilnehmer an beiden Leitungsenden klar und deutlich. Nur gelegentlich tönt beim Empfänger ein leichtes metallisches Rauschen durch, ddas jedoch keine Auswirkungen auf die Verständlichkeit hat.
Akustische Standardkost liefert der externe Lautsprecher des Note 4 hinsichtlich Musik- und Anrufwiedergabe. Bei hoher Lautstärke klingt merkbares, übersteuerungsbedingtes Scheppern durch. Keinen Grund zur Beschwerde gibt hingegen die Tonwiedergabe über den Klinkenstecker.
Als braves Arbeitstier entpuppt sich der Akku des Phablets. In einer Stunde "Ingress" (das Spiel nutzt durchgehend das WLAN-Modul, die Mobilfunkverbindung sowie GPS-Ortung und beansprucht zudem CPU und GPU überdurchschnittlich) sowie Verwendung der Kamera und des Browsers sank der Ladestand um 25 Prozent. Dies, sowie ein mehrstündiger Benchmarkdurchlauf, legen nahe, dass man mit dem Note 4 selbst bei intensiver Verwendung gut über den Tag kommt. Ein gutes Ergebnis, vor allem gemessen an der Displaygröße.
Fazit
Eine Frage kann die jüngste Auflage des Note allerdings nicht vollständig beantworten. Nämlich, ob sich der Kauf für Nutzer lohnt, die bereits den Vorgänger haben. Dieser bietet ein sehr ähnliches Paket mit der immer noch tauglichen Hardware des Vorjahres (Snapdragon 800) und einer ebenfalls guten Kamera. Die Displaygröße beibt im Vergleich zu diesem unverändert, das Upgrade der Auflösung auf 2K bringt im Alltag keinen Vorteil – es sei denn man nutzt das Smartphone in Kombination mit einer VR-Brille wie der Galaxy Gear VR. Fingerabdrucksensor und Pulsmesser sind aktuell noch keine echten Kaufargumente.
Somit bietet sich das Note 4 aber immer noch all jenen an, die viel Platz am Bildschirm wollen, oft Verwendung für Stifteingabe finden aber bislang noch kein aktuelleres Phablet besitzen. Trotz seiner Mankos, die sich größtenteils mit Softwareupdates beheben lassen dürften, handelt es sich um das derzeit beste Smartphone seiner Größenklasse. Für das müssen Interessenten aber auch tief in die Tasche greifen, denn derzeit ist das Gerät erst ab etwa 690 Euro zu haben. (Georg Pichler, derStandard.at, 04.11.2014)