Was war das für eine Aufregung. Beyoncé ließ sich vor ein paar Wochen in Paris mit Stirnfransen blicken. Und das Internet stand Kopf. Doch warum bloß? Vielleicht, weil der Pony auf den ersten Blick so überhaupt nicht zu der Frau, die sich als Perfektionistin einen Namen gemacht hat, zu passen schien. Denn bislang kehrte Beyoncé immer verlässlich zu ihren voluminösen Wellen zurück. Der knappe Micro-Pony sah dagegen aus, als sei er Strähne für Strähne mit einer stumpfen Kinderschere abgesäbelt worden.

Da hat wohl die zweijährige Tochter das erste Mal zur Schere gegriffen, ätzten gleich die einen. Die anderen vermuteten: Beyoncé will mit der Frisur wohl Amelie huldigen – warum sonst hat sie das Gefransel ausgerechnet in Paris publik gemacht? Amelie wem? Amelie Poulain, der staunend-stupsnäsigen Heldin des gleichnamigen französischen Kassenschlagers.

Vielleicht haben sich Beyoncé, Sophia Amoruso und all die anderen, die sich in letzter Zeit für einen Kurzpony entschieden haben, aber auch von einer anderen Schmonzette inspirieren lassen. Zum Beispiel von jenem Film, in dem sich eine widerspenstige Kronprinzessin die langen Haare abschneiden lässt, um aus ihrem goldenen Käfig auszubrechen: Audrey Hepburn ließ sich Anfang der Fünfzigerjahre in "Ein Herz und eine Krone" bei einem römischen Friseur sogenannte "Micro Bangs" verpassen. Dessen Kommentar zum kurzhaarigen Endergebnis: "Jetzt sieht's cool aus." Ganz genau.

Audrey Hepburn beim Friseur.
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Tatsächlich scheint es die knappe Bürste vor der Stirn faustdick hinter den Ohren zu haben. Getarnt als Kleinmädchenfrisur, atmet sie in Wahrheit den Geist des Widerständigen. In den Zwanzigern schnitten sich Frauen wie Louise Brooks kurze Bobs mit messerscharf gerade geschnittenen Stirnfransen. In den Neunzigern inszenierte Kathleen Hanna von Bikini Kill mit knappem Pony und ebenso knappem Höschen bekleidet ihre Bühnenauftritte als feministisches Statement.

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Beyoncé und Jay-Z am Montag in New York bei einem Basketballmatch.
Foto: AP Photo/John Minchillo

Ob Beyoncés Frisur, immerhin obenrum kurz getrimmt, was zu tun hatte mit ihrem lauwarmen Bekenntnis, eine "moderne Feministin" zu sein, die "an die Gleichberechtigung glaube"?

Das wird seit heute wahrscheinlich niemanden mehr interessieren. Gestern gingen die ersten Bilder von Beyoncés neuestem Streich ins Netz. Die Bürste ist Geschichte: Sie trägt jetzt Bob – in Wellen gelegt. (Anne Feldkamp, derStandard.at, 5.11.2014)

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