Allen Grund zur Freude hatte in der Wahlnacht Mitch McConnell: Der Senator aus Kentucky soll künftig als republikanischer Mehrheitsführer im Senat fungieren.

Als Cory Gardner eine flaggengeschmückte Bühne in Denver betritt und stolz verkündet, dass er den großartigen Staat Colorado fortan als Senator in Washington vertrete, spätestens dann ist klar, dass die Demokraten eine gallebittere Nacht durchleiden. Gardner wird Mark Udall ablösen, einen Demokraten, der das neue Colorado zu verkörpern schien: Hightech am Fuße der Rocky Mountains, liberal in der Lebenskultur, tolerant gegenüber Einwanderern.

In diesem Colorado hat Barack Obama 2008 und 2012 gewonnen. Dass nun selbst Udall den Kürzeren zog, ist der letzte Beweis für die Wucht, mit der die konservative Welle über die USA hinwegrollt. Die politische Landkarte hat sich rot gefärbt in der Wahlnacht. Am Morgen zeigt jeder Fernsehsender denselben Atlas: Es dominiert Rot, die Farbe der Republikaner. Das demokratische Blau behauptet sich nur noch an der Westküste, im Nordosten und vereinzelt im Mittleren Westen.

Dass die Republikaner den Demokraten den Senatssitz in Arkansas abnehmen, ist keine Überraschung, eher eine Rückkehr zur Normalität. Auch in Montana, South Dakota und West Virginia, wo altgediente Veteranen ausschieden, hatten alle mit einem Sieg der Konservativen gerechnet. Doch Iowa, seit 2008 "Obama-Country", geht ebenso an die Roten wie Colorado. In Kansas und Georgia, wo die Demokraten auf einen Wechsel hofften, behaupten sich die Konservativen.

"Der Präsident hat Prügel bezogen", tönt Chris Christie, der republikanische Gouverneur von New Jersey, der Obama im Jänner 2017 im Oval Office ablösen will. "Tatsache ist, er muss sich nun mit den Burschen von der anderen Seite zusammensetzen." Und John Boehner, der führende Konservative im Abgeordnetenhaus, fordert Obama in fast schon ultimativ klingendem Ton auf, er möge alle Gerüchte widerlegen, wonach er einen "Gegenangriff auf die neue Mehrheit" zu führen gedenke.

Demütige Demokraten

Die Partei mit dem Elefanten ist obenauf, während sich jene mit dem Esel im Logo in Demut übt - dies wird wohl noch für ein paar Tage der Grundton sein.

In Virginia, dort war der Demokrat Mark Warner Favorit, wird das Rennen zur Zitterpartie. Einen Lichtblick gibt es in dieser Nacht für die Blauen: In New Hampshire weist Jeanne Shaheen den hemdsärmeligen Republikaner Scott Brown in die Schranken.

Unterm Strich gewinnen die Republikaner sieben Senatsmandate dazu. Ist Alaska erst ausgezählt und ist im Dezember auch die Stichwahl in Louisiana über die Bühne gegangen, könnten es neun sein. Im Repräsentantenhaus kommen die Roten auf ihr bestes Ergebnis seit 1928. Erstmals seit 2006 geben sie wieder in beiden Parlamentskammern den Ton an.

Bei den Gouverneurswahlen, zu besetzen waren 36 Ämter, dröhnt einer der lautesten Paukenschläge überhaupt: Ausgerechnet im demokratischen Maryland siegen die Republikaner sensationell. Es tritt genau das ein, nur drastischer als prognostiziert, was Obamas Anhänger befürchtet hatten. Der "Grand Old Party" ist es gelungen, aus dem Votum ein Referendum über die Leistung des Präsidenten zu machen. Es ist ihr gelungen, für alles, was die Amerikaner umtreibt, Obama die Schuld in die Schuhe zu schieben: prekäre Jobs, stagnierende, oft sinkende Reallöhne, Angst vor Ebola und Terror.

Am Tag danach diskutiert das Land über die Frage, was Obama in den zwei verbleibenden Amtsjahren noch stemmen kann. Der Mann sei ehrgeizig, er werde versuchen, sich seinen Platz in den Geschichtsbüchern zu sichern, richtet sein Ex-Sprecher Jay Carney den Blick nach vorn.

Signal: Botschaft verstanden

Für Freitag hat der Präsident ein Treffen mit den Kongress-Spitzen anberaumt, es soll ein erstes Signal sein, dass er die Botschaft der Wähler verstanden hat. Weitere Schritte dürften folgen, vielleicht eine Kabinettsumbildung.

Als George W. Bush 2006 bei den Halbzeitwahlen abgestraft wurde, schickte er Verteidigungsminister Donald Rumsfeld in die Wüste, der mit seiner arroganten Besserwisserei das Fiasko des Irakkrieges symbolisierte. Es sollte ein Befreiungsschlag sein - eine Geste, wie sie Obama wohl ähnlich planen dürfte. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 6.11.2014)