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Die Attacke auf Eran Sahavi, einen Spieler von Maccabi Tel Aviv, am Montag wurde zum Politikum. Der israelische Fußballverband IFA will über Sanktionen gegen beide Klubs entscheiden.

Foto: AP/Schieber

Nicht die Unruhen um den Tempelberg, die iranische Atombombe oder die hohen Lebenshaltungskosten bewegen aktuell die Israelis, sondern die große Fußball-"Schande", die eine Art nationale Seelenerforschung ausgelöst hat. Vergangenen Montagabend hatte im Bloomfield-Stadion das Derby der beiden Tel Aviver Traditionsclubs Maccabi und Hapoel nach unglaublichen Szenen ein skandalöses Ende genommen. Immer wieder ist jetzt in den TV-Videos zu sehen, wie ein glatzköpfiger Hapoel-Fan mit nacktem Oberkörper auf den Rasen läuft und dem Maccabi-Star Eran Sahavi, Israels bestem Fußballer, Fußtritte und Faustschläge versetzt.

Rote Karte für Spieler

Sahavi schlägt zurück, und es dauert lange, ehe Ordner und andere Fußballer eingreifen. Der Schiedsrichter begeht dann den Fehler, Sahavi, der sich nur verteidigt hat, die rote Karte zu zeigen - daraufhin Tumulte, Schlägereien und der Abbruch des Spiels. Zehn Fans wurden festgenommen.

Am nächsten Tag kam es dann auf der Straße vor dem Gerichtsgebäude, wo Festgenommene einem Richter vorgeführt wurden, wieder zu Freistilkämpfen zwischen Anhängern der beiden Vereine. Die Tel Aviver Polizei beschloss, 16 gewaltgefährdete Objekte - etwa bekannte Fan-Treffs oder Wohnhäuser von Fußballern - speziell zu schützen. Sahavi hat jetzt einen Leibwächter.

"Das wird noch mit einem Mord enden", warnte der frühere Starkicker und nunmehrige Funktionär Eyal Berkowitsch und schlug sogar vor, den Meisterschaftsbetrieb zu unterbrechen, um "endlich mit der Gewalt auf den Fußballplätzen Schluss zu machen".

Es war ein "unverzeihliches Versagen" der Polizei und des Ordnerdienstes, meinten Sportkommentatoren, und "diese Nacht wird den israelischen Fußball noch viele Jahre lang verfolgen".

Doch die Wellen der Erregung reichen weit über die Sportwelt hinaus: Das Thema wurde zum Aufmacher in Zeitungen, Radio und Fernsehen. Im Parlament traten der Innen- und der Unterrichtsausschuss zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen, um über Maßnahmen zu beraten.

Politikerkind involviert

Peinlicherweise war ein Sohn eines der Abgeordneten unter jenen Anhängern, die fast gleichzeitig mit der Sitzung bei der Schlägerei vor dem Gerichtsgebäude festgenommen wurden. Israels Justizministerin Tzipi Livni kündigte an, dass die Vorfälle strafrechtlich untersucht werden. Nach Möglichkeit sollen "abschreckende" Urteile verhängt werden, da Gewalt im Sport sich zur "nationalen Plage" entwickle.

Die Gesetzesinitiative, die für Gewaltakte auf dem Sportplatz bis zu zehn Jahre Gefängnis vorsieht, soll beschleunigt werden. Parlamentspräsident Juli Edelstein sprach von einer "roten Karte für die israelische Gesellschaft" und von einem "Schandmal für Israel".

"Es gibt nicht nur auf den Sportfeldern Gewalt, sondern auf allen Feldern, dem öffentlichen, dem politischen, dem schulischen", sagte Unterrichtsminister Schai Piron, "daher sollten wir diese Gelegenheit nicht versäumen, uns zu überprüfen - wir sind anscheinend krank, und Kranke brauchen eine Behandlung." (Ben Segenreich aus Tel Aviv, DER STANDARD, 6.11.2014)