Wien – Einen Fall Sonja Ablinger möchte die SPÖ in Zukunft nicht mehr haben. Wochenlang wurde öffentlich und parteiintern diskutiert, ob die streitbare oberösterreichische Politikerin das Mandat der verstorbenen Parlamentspräsidentin Barbara Prammer bekommen soll. Letztlich entschied sich ihre Landespartei für einen Gewerkschafter, obwohl die selbst auferlegte 40-Prozent-Quote damit unterschritten wurde.

Am Donnerstag wurde daher vom SPÖ-Vorstand ein Durchgriffsrecht für die Bundespartei beschlossen. Entspricht ein Listenvorschlag nicht den Statuten, kann er zurückgewiesen werden. Nimmt die Landespartei danach wieder keine Korrektur vor, kann der Bundesparteivorstand die Liste selbst ändern, erklärte Frauenminister Gabriele Heinisch-Hosek nach der Sitzung.

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Sonja Ablinger war Anlass der neuen Regelung. Sie ist mittlerweile aus der Politik ausgeschieden
Foto: apa/schlager

Eine Gegenstimme

Einstimmig fiel der Beschluss nicht. Die oberösterreichische Vorsitzende der Sozialistischen Jugend, Fiona Kaiser, votierte mit Nein, weil für sie nicht klar genug ist, dass Männer im Falle eines Ausscheidens einer Frau auf ihr Mandat verzichten.

Im internationalen Vergleich ist Österreich jedenfalls nicht unbedingt ein Vorreiter bei der Frauenförderung. Wie Daten der auf Frauenquoten spezialisierten Internetseite "Quota Project" zeigen, haben bereits rund 50 Prozent aller Länder in irgendeiner Form Quotenregelung im Wahlsystem.

Die Ausprägung fällt dabei durchaus unterschiedlich aus. Einige afrikanische Staaten, aber auch Nepal oder die Philippinen setzen auf Quotenregelungen in der Verfassung. Wobei das natürlich noch nichts über das tatsächliche Ausmaß der Frauengleichstellung aussagt. Andere Länder – vor allem lateinamerikanische, aber auch Belgien, Bosnien-Herzegowina, Slowenien oder Frankreich – haben Quoten in den Wahlgesetzen vorgesehen.

Die dritte Gruppe sind jene Länder, in denen sich (zumindest einige) Parteien freiwillig Frauenquoten verordnet haben. Dazu gehören neben Österreich beispielsweise Deutschland, Norwegen und Schweden.

Zuletzt gab es auch in Österreich Diskussionen über gesetzliche Vorgaben. Heinisch-Hosek (SPÖ) kann sich das vorstellen. Beim Koalitionspartner ÖVP konnte man sich mit dieser Forderung bisher allerdings nicht durchsetzen. Wobei aber auch bei den Schwarzen der Widerstand bröckelt. Frauenchefin Dorothea Schittenhelm sprach sich zuletzt erstmals dafür aus, das Reißverschlussprinzip in die Wahlordnung aufzunehmen.

Die Politologin Sieglinde Rosenberger plädiert auf STANDARD-Anfrage ebenfalls für eine gesetzliche Lösung. "Das wäre am effektivsten." Nach den Debatten um Ablinger werde der Prozess der Listenerstellung jedenfalls künftig mehr Aufmerksamkeit bekommen, so Rosenberger. (Günther Oswald, Karte: Michael Bauer, DER STANDARD, 6.11.2014)