Wien - Bereits im September zu den Akten gelegt wurde eine Causa, bei der es nicht um ein paar Hunderttausend Euro geht, sondern um Milliarden: Die Strafanzeige gegen den Gutachter im Eisenbahn-Genehmigungsverfahren für den Semmeringbasistunnel (SBT) aus Mai 2014 wurde bei der Staatsanwaltschaft Wien zurückgelegt. Die Anklagebehörde hat also nie ermittelt.

Anlass der Anzeige: Der Experte habe sein Gutachten für die Umweltverträglichkeitsprüfung 2014 bekräftigt, das auf nachweislich falschen, weil überholten Verkehrszahlen und -prognosen und vor allem viel zu niedrigen Kosten (2,11 statt 3,1 Milliarden Euro - exklusive Finanzierungskosten) beruhte. Die bereits 2010 falsch gewesen sein. Auch der im Gutachten attestierte wirtschaftliche Nutzenwert von 5,11 wurde inzwischen mehr als halbiert. Auskunft über die Gründe für die Zurücklegung gibt die Staatsanwaltschaft nicht. Die in Justizkreisen kolportierte Version geht so: Ein Verfahren gegen einen Gutachter würde zu einem Gutachterstreit führen, in dem dessen böse Absicht kaum zu beweisen wäre. Außerdem stammten die problematischen Aussagen aus 2010 und seien somit verjährt. Die Bestätigung im Gutachten aus dem Jahr 2014 sei irrelevant. (ung)

(ung, DER STANDARD, 7.11.2014)