Wien - Die tiefen Ölpreise, die schwache Konjunktur in Europa und geringere Gaslieferungen bei Borouge in Abu Dhabi werden dem Chemieproduzenten Borealis, an dem die OMV 36 Prozent hält, ein schwächeres 4. Quartal bescheren. Dies sagte CEO Mark Garrett am Freitag. Im 3. Quartal war der Nettogewinn unter anderem durch stärkere Margen noch angestiegen.

Die absehbare Abschwächung im Schlussquartal gegenüber dem vorhergehenden Vierteljahr resultiert laut Garrett aus mehreren Faktoren. Erstens erhalte man in Abu Dhabi weniger Erdgas, da der Lieferant einen großen Turnaround, also eine Anlagenüberholung, vornehme. Zweitens sehe man in Europa mittlerweile Auswirkungen der Konjunkturabschwächung. Und drittens würden die seit Ende des 3. Quartals deutlich tieferen Ölnotierungen auf die Polyehtylen- und Polypropylen-Preise drücken, so Garrett.

"Finanziell stark aufgestellt"

Im 3. Quartal hat Borealis die Konjunkturschwäche noch nicht verspürt. Da bescherten stärkere Margen bei Polyolefin, Olefinen bzw. Düngemitteln sowie die Borouge-3-Inbetriebnahme in Ruwais (VAE) bessere Resultate. Der Nettogewinn stieg im Jahresabstand von 131 auf 185 Mio. Euro, in den ersten neun Monaten zusammen von 275 auf 430 Mio. Euro. 2013 hatten freilich Anlagen-Stillstände belastet. Die Umsätze lagen von Juli bis September bei 2,003 (2,043) Mrd. Euro, in den ersten drei Quartalen bei 6,350 (5,998) Mrd. Euro.

Die Nettoverschuldung wuchs im 3. Quartal - wegen höheren Working-capital-Bedarfs infolge eines Lageraufbaus im Vorfeld der Burghausen-Umstrukturierung - um 114 Mio. Euro an. Mit einer Verschuldungsquote von 47 Prozent per 30.9., wie bereits ein Jahr davor, sei Borealis finanziell jedoch weiterhin stark aufgestellt, wurde in einer Aussendung betont.

Borouge - ein Joint Venture von Borealis mit der Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) - hatte im Juni seinen dritten Cracker in Betrieb genommen, wodurch man das Ergebnis in Q3 das steigern konnte. Die kommerzielle Polymerproduktion sei im 3. Quartal angelaufen.

Größere Distanzen

Der neueste Ethancracker von Borouge 3, derzeit die weltgrößte Anlage dieser Art, laufe schon mit hoher Effizienz, die übrigen Anlagen sollen laut Borealis demnächst nacheinander in Betrieb gehen. Mit Borouge 3 werde die Jahresgesamtproduktion von Borouge auf 4,5 Mio. Tonnen Polyolefin anwachsen, wodurch man dort zum größten integrierten Polyolefinkomplex der Welt aufsteige. Dieses Produktionsvolumen wird laut CEO Garrett jedoch erstmals übernächstes Jahr (2016) erreicht werden.

"Weltweit vermarkten" werden Borealis und Borouge neu entwickelte Kabel für die Höchstspannungs-Gleichstromübertragung (HVDC), also etwa zur Strom-Einspeisung aus weit entfernten Erzeugungsquellen wie Offshore-Windparks. "Wenn die Deutschen die Energiewende erreichen wollen, müssen sie Strom über größere Distanzen transportieren können", nennt Garrett ein Beispiel. Die als bahnbrechend bezeichnete HVDC-Entwicklung auf Borlink-Basis in Kooperation mit ABB könne Elektrizität über 1.000 km ohne Transformator bringen - heute sei das mit weniger als 6 Prozent Stromverlust nur 300 km weit möglich. Mit der Innovation unterstreiche man die Technologieführerschaft im Kabel-Bereich.

Modernisierung

Die Borlink-Technologie, ein vernetzter Polyethylen-Werkstoff, wird in Stenungsund (Schweden) in PE-Hochdruckanlagen mit niedriger Dichte hergestellt. Stenungsund hat Borealis erst vor kurzem mit hohem Investitionsaufwand erweitert. Insgesamt sind dort Investitionen von 120 Mio. Mio. Euro vorgesehen - unter anderem in die Modernisierung des Crackers, um die Umstellung auf mehr Light Feed Cracking zu ermöglichen. Für seinen Steamcracker in Stenungsund hat Borealis ja im August einen 10-Jahres-Vertrag mit dem US-Unternehmen Antero Resources über die Lieferung von 240.000 t Ethan pro Jahr aus den USA angekündigt. Der Stoff falle dort bei der Schiefergas-Produktion an, man könne ihn nur verbrennen oder verkaufen; für Borealis sei das trotz des Schiffstransports "eine günstige Sache", hatte Garrett im August dazu gesagt.

Optimiert werden von Borealis wie im Oktober angekündigt die Produktionsanlagen in Brasilien. Durch eine 45-Mio.-Euro-Investition in Itatiba nahe Sao Paulo habe man die Marktposition in Brasilien gefestigt. Durch Verlagerung der Produktion von der zweiten Anlage in Triunfo in die kürzlich modernisierte und erweiterte Itatiba-Anlage könne man die langfristigen Wachstumschancen in Brasilien und im südamerikanischen Markt besser nutzen. Der Umzug sei für Anfang 2015 geplant. (APA, 7.11.2014)