Die Kernaufgabe des Staates ist der Schutz des Individuums und der Eigentumsrechte. Heute verlassen wir uns gern auf einen Staat, der vermeintlich all unsere Problem löst. Wie es Dr. Heinrich Treichl, der am Sonntag verstorbene Altpräsident des F.-A.- von-Hayek-Instituts, treffend beschrieb "Es herrscht in Österreich eine Staats- und Sicherheitsgläubigkeit." Diese hat ihren Preis. Die Bezahlung dieser "Leistungen" erfolgt durch die nächste Generation: Sie muss die Reduktion der individuellen und unternehmerischen Freiheit und schließlich den Verlust der Standortattraktivität verkraften.

Dabei hat alles so gut angefangen: Marktwirtschaft steht für ein Ziel. Für die Ambition, eine leistungsfähige mit einer gerechten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu verbinden. Als solche ist Marktwirtschaft - basierend auf den Ideen der Österreichischen Schule der Nationalökonomie - auch 66 Jahre nach ihrem Debüt nicht minder aktuell und attraktiv. Bis zur Staatsschulden-, Euro- und Finanzmarktkrise verkörperte die Marktwirtschaft ein Erfolgsmodell ohnegleichen. Sie fungierte - ähnlich wie in Deutschland - als der Schlüssel zum Wirtschaftswunder.

Der Motor stottert

Jetzt stottert der Motor: steigende Arbeitslosigkeit, sinkendes bis kein Wirtschaftswachstum, zu viel Bürokratie, hohe Steuerbelastung, mangelnde Wettbewerbsfähigkeit. Damit lassen sich keine ausländischen Investoren anlocken und keine Unternehmen gründen.

Wirtschaftswachstum entsteht nicht durch alte neoklassische Wachstumsrezepte (Umverteilung, Mehrbelastungen ...), sondern durch intelligente, mutige und große Lösungen - kreative Herangehensweise, die Bereitschaft, Überholtes über Bord zu werfen.

Faktum ist, dass Österreich in den internationalen Rankings zurückfällt, von anderen europäischen Ländern überholt wird. Der Erhalt eines Platzes bedeutet noch nicht, dass wir Wohlstand erhalten. Andere Nationen schaffen die besseren Voraussetzungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber - sie sind freier, unbürokratischer, beseitigen Investitions- sowie Beschäftigungshindernisse. Es gibt keine überlangen Verfahrensdauern bei Betriebsgründungen oder bei -genehmigungen, und der finanzielle Aufwand für Gründungen ist geringer.

Defizite des Standorts

Die skandinavischen Staaten führen gemeinsam mit Neuseeland, der Schweiz und Singapur in fast allen Ratings - etwa im Index der Wirtschaftlichen Freiheit (publiziert von Heritage und Fraser Institute). Österreich liegt auf Platz 24.

Im jährlich neu berechneten Doingbusiness-Ranking der Weltbank liegt Österreich auf Platz 21 von 189. Auf den ersten Blick scheint dies nicht so schlecht. Aber: Der Gesamtwert des Rankings wird aus einzelnen Indikatoren zusammengestellt: Unternehmensgründung, Baubewilligungen, Zugriff auf Elektrizität, Anmeldung von Besitz, Zugriff auf Kredite, Investorenschutz, Steuern zahlen, Freihandel, Durchsetzung von Verträgen, Insolvenzverfahren.

Dies manifestiert die wahren Defizite unseres Standorts. Österreich liegt nur bei sehr wenigen Kategorien im absoluten Spitzenfeld. Der einzige Top-Ten-Platz, ein guter fünfter Platz, kommt aus der Kategorie "Durchsetzung von Verträgen". Bei der Auflösung von Insolvenz muss sich Österreich im internationalen Vergleich mit einem respektablen 16. Platz nicht verstecken.

Diese Erfolge sind einzig und allein dem gut funktionierenden Rechtssystem Österreichs zu verdanken. Respektabel sind Österreichs Platzierungen auch bei den Punkten "Freihandel" (19) und "Zugriff auf Elektrizität" (24).

Stärkere Rolle des Unternehmertums

Dramatisch sind die Ergebnisse Österreichs bei dem Unterpunkt "Unternehmensgründung" - hier liegt das Land auf dem 101. von 189 Plätzen und steht damit in dieser Kategorie äußerst schlecht da. Auch die OECD macht in ihrer jüngsten Publikation "Die fehlenden Unternehmer" deutlich, dass die Ausbildung von Unternehmern und der Erhalt von Entrepreneurship eine wichtige Voraussetzung für nachhaltiges Wirtschaftswachstum ist und ein Mittel, um auf ökonomische Herausforderungen zu reagieren, Arbeitsstellen zu schaffen und soziale und finanzielle Ausgrenzung zu bekämpfen. Die Auswirkungen der globalen Krise erfordert eine stärkere Rolle des Unternehmertums um diesen Problemen entgegenzuwirken.

Geht man davon aus, dass wir weltweit in der Wertschöpfungskette nur mit 1,9 Prozent verflochten sind (OECD), und bedenkt man, über welche Wachstumspole die österreichische Wirtschaft verfügt, müssen Alternativen für neues Wachstum gefunden werden. Der erste Schritt zur Sicherung des Standorts ist die Schaffung beziehungsweise der Erhalt produktiver Arbeitsplätze.

Die geradezu phänomenale Expansion der Stadt Wien in den Jahren des Gründerbooms birgt einen Schlüsselhinweis auf die Quellen des Wachstums: Es stellt sich an jenen Orten ein, an denen die potenziell produktivsten Erwerbstätigen eines Landes ihre Produktivkraft auch tatsächlich bestmöglich entfalten können. Dies setzt voraus, dass abgesehen von selbstverständlichen regulatorischen Mindeststandards möglichst geringe Hindernisse für die Entfaltung wirtschaftlicher Aktivität bestehen.

Dabei ist zwischen Investitionshindernissen, deren Beseitigung die Produktivität des Faktors Arbeit infolge verbesserter Ausstattung des Arbeitsplatzes mit Kapitalgütern erhöht, einerseits und Beschäftigungshindernissen andererseits zu unterscheiden. In anderen Worten: Wirtschaftliche Freiheit muss wiederhergestellt, und Unternehmertum müssen gefördert werden. (Barbara Kolm, ManagementStandard, November 2014)