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Steuersparmodelle aus Zypern könnten auf Sand gebaut sein. Werden die sonnigen Briefkästen von Österreich nicht anerkannt, fällt auch die Rückerstattung der KeSt.

EPA/Christodoulou

Wien - Karl-Heinz Grasser tut es ebenso wie Peter Hochegger, Martin Schlaff, Herbert Stepic oder die Crème de la Crème russischer Oligarchen: Sie schleusen Gelder über zypriotische Zwischengesellschaften und sparen dadurch Steuern. 40.000 Briefkästen sollen sich im zur EU zählenden Teil der Insel befinden, Anwälte und Treuhänder kümmern sich um die Abwicklung der Geschäfte. Und um den guten Draht zur Finanz.

Auch nach dem Euro-Rettungseinsatz in Zypern hat sich nicht allzu viel am günstigen Steuerregime geändert. Im Zentrum stehen die Abgabenfreiheit von Beteiligungserlösen und das steuerfreie Durchschleusen von Dividenden. Viele Investoren perfektionieren ihr Steuersparmodell mit Vorteilen anderer Länder in der Karibik oder Liechtensteins: Ex-Finanzminister Grasser etwa hält einen zypriotischen Mantel (MAN Angelus) über eine Gesellschaft auf den British Virgin Islands (Silverwater Invest), einen anderen (Levesque Holding) über die liechtensteinische Stiftung Silverland.

Steuerfreie Dividenden beansprucht

Und nicht nur Grasser hat Probleme mit der Finanz. Auch der Oligarch Oleg Deripaska hat mit den heimischen Behörden zu kämpfen. Es geht um seine 25,1-prozentige Beteiligung am Baukonzern Strabag, die der Russe über die zypriotische Rasperia Trading Ltd hält. Daneben sind auch noch zwei Briefkästen auf den Kanalinseln sowie ein Vehikel auf den British Virgin Islands an der Gesellschaft in Nikosia beteiligt.

Aus einem kürzlich vom Verwaltungsgerichtshof behandelten Fall erschließt sich, dass das zuständige Finanzamt die Steuerfreiheit der Dividendenzahlungen von Strabag an Rasperia beeinspruchte. Es geht dabei um die Frage, ob die zypriotische Gesellschaft nur vorgeschoben wurde oder ob Substanz dahinterstehe, erläutert WU-Steuerrechtsexperte Michael Lang. In ersterem Fall müssten die Einkünfte direkt Deripaskas Gruppe zugerechnet werden.

Konkret geht es um die Ausschüttung von 15,675 Mio. Euro aus dem Jahr 2008. Deripaska berief sich auf die Bestimmung, wonach er Anrecht auf Rückerstattung der Kapitalertragsteuer gemäß der Mutter-Tochter-Richtlinie habe. Zypern habe aus russischer Sicht den Vorteil der "englischen Sprache und des praxisfreundlichen Rechtssystems".

Erhöhter Missbrauchsverdacht

Das Finanzamt Klagenfurt erachtet hingegen die zypriotische Zwischengesellschaft salopp gesagt als Scheinkonstruktion. Der Firmensitz befinde sich offensichtlich an der Privatadresse der Geschäftsführerin "ohne eigenes Telefon oder Fax". Die tatsächlichen wirtschaftlichen Aktivitäten erfolgten aus Russland. Rasperia sei von einer Rechtsanwaltskanzlei auf Vorrat gegründet worden und werde immer noch von ihr verwaltet. Sie verfüge weder über fachliche noch über finanzielle Ressourcen. Alles in allem: Aufgrund der Konstruktion handle es sich um ein Steueroasenmodell, bei welchem erhöhter Missbrauchsverdacht bestehe.

Diesen Argumenten ist der Verwaltungsgerichtshof weitgehend gefolgt. Sinngemäß hält er fest: Wenn eine Person, der die Rückerstattung der KESt nicht zusteht, eine Holding dazwischenschaltet, um in den Genuss des Vorteils zu gelangen, spreche das für die Annahme einer missbräuchlichen Gestaltung.

Nun Bundesfinanzgericht zuständig

Dass Rasperia der Optimierung der Verwaltung und Organisation diene, weil sie auch eine deutsche Baubeteiligung halte, stehe im Widerspruch zum Umstand, dass für wirtschaftliche Aktivitäten russische "Professionalisten des Konzerns" beigezogen werden müssen, meint der VwGH.

Somit seien die von Deripaskas Gruppe genannten Argumente für die Steuerrückerstattung "nicht nachvollziehbar". Das Höchstgericht hat damit den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenats, das die KESt-Freiheit bestätigt hatte, aufgehoben und den Fall an das nun zuständige Bundesfinanzgericht verwiesen. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 8.11.2014)