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Ende Oktober trugen Palästinenser eine 66 Meter lange Fahne im Andenken an Yassir Arafat durch Ramallah im Westjordanland.

Foto: AP / Majdi Mohammed

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Ein Junge hält ein Plakat mit einem Bild Yassir Arafats nahe Jenin.

Foto: AP Photo/Mohammed Balla

Zehn Jahre ist der Freiheitskämpfer, Terrorist und Staatsmann ohne Staat Yassir Arafat nun tot - die Hoffnungen jener, die dachten, ohne ihn würde es leichter gehen, haben sich nicht erfüllt. Mit Präsident Mahmud Abbas - den Arafat, als Abbas Premier wurde, nach nur einem halben Jahr hinausekelte, er konnte niemanden neben sich dulden - haben sich nach 2004 die Wogen geglättet, irgendwann einmal war die Zweite Intifada einfach vorbei. Manche sehen nun eine dritte heraufdämmern.

Abbas wurde vom 2002 gegründeten "Nahost-Quartett" (USA, EU, Russland, Uno), das damals seine Roadmap verfolgte, freudig aufgenommen. Aber 2006 verlor er die Parlamentswahlen gegen die Hamas: Der ganze politische Apparat der PLO und der Fatah und damit der Palästinensischen Autonomiebehörde war nicht mehr imstande, den Palästinensern Hoffnung zu geben. Arafat hätte die Wahlen wohl nicht verloren - aber einen Weg vorwärts hätte auch er nicht gewusst.

Zwanzig Jahre Gaza-Jericho

Zehn Jahre nach seinem Tod gibt es keinen Anlass, die damaligen Nachrufe neu- oder umzuschreiben. Wichtiger ist es, sich anzusehen, wo die Palästinenser heute stehen. Es ist nicht nur zehn Jahre nach Arafats Tod, sondern auch zwanzig nach seiner "Rückkehr" in den Gazastreifen (er hatte dort nie gelebt, seine Vaterfamilie stammte von dort). 1994 wurde das Gaza-Jericho-Abkommen geschlossen, ein Folgeabkommen der Prinzipienerklärung (Oslo I), die 1993 zum berühmten Handschlag zwischen Arafat und Israels Premier Yitzhak Rabin vor dem Weißen Haus geführt hatte.

Gaza-Jericho ist auch deshalb eine so wichtige Wegmarke, weil mit diesem Abkommen die auf fünf Jahre anberaumte Interimszeit, die zu einem Endstatus-Abkommen für die Palästinensergebiete führen sollte, zu laufen begann. Das Wort "Staat" geht heute allen - Israelis inklusive - leicht über die Lippen, 1994 war das noch anders. Aber es gibt ihn noch immer nicht, darüber kann auch nicht der 2012 von der Uno-Generalversammlung verliehene Beobachterstatus für Palästina hinwegtäuschen.

Arafats Patronagesystem

Die Kardinalfehler und die Sabotage, die dem Oslo-Friedensprozess von beiden Seiten in den Weg gelegt wurden, sind bekannt: vom Terrorismus bis zum Siedlungsbau und vieles andere mehr. Aus Arafat wurde zudem nie ein Politiker, er blieb ein erratischer Führer alten Stils, der, um sein Patronagesystem aufrechterhalten zu können, patriarchale, korrupte Strukturen favorisierte.

Auf der anderen Seite standen ihm immer wieder israelische Likud-Regierungen gegenüber, die den Oslo-Friedensprozess zutiefst ablehnten. Über die Gültigkeit des israelischen Narrativs, dass der linke Premier Ehud Barak im Jahr 2000 ein Superangebot geschnürt hätte, das Arafat nicht annahm, streiten die Seiten, es hat sich jedoch weitgehend durchgesetzt.

Abbas, der aus der letzten, von US-Außenminister John Kerry erzwungenen Verhandlungsrunde (2013-14) einmal mehr mit der Überzeugung herausging, dass die Palästinenser nicht auf die USA zählen können, hat noch zwei andere Rucksäcke zu tragen: den Konflikt mit der Hamas und damit im Zusammenhang die verlorengegangene demokratische Legitimierung, denn Wahlen sind auf allen Ebenen überfällig.

Der Marsch durch die Uno

In einer Zeit, in der Israel jedoch auch von befreundeten Staaten immer öfter Kritik einstecken muss, verlegt sich Abbas nach dem Scheitern des bi- beziehungsweise trilateralen (mit den USA) Wegs auf den Marsch durch die Uno. Der Versuch, im Sicherheitsrat eine Uno-Mitgliedschaft zu bewirken oder zumindest so viele Ja-Stimmen zu sammeln, dass ein US-Veto "nötig" würde, scheiterte. Darauf ließ sich Abbas die quasi mindere Uno-Mitgliedschaft Palästinas in der Uno-Vollversammung absegnen.

Heute wird vom nichtständigen Sicherheitsratsmitglied Jordanien ein Resolutionstext vorbereitet, der dazu aufrufen soll, dass Israel bis Ende November 2016 die von ihm 1967 besetzten Gebiete im Westjordanland räumen soll. Auch hier geht es nur darum, ob die Resolution genügend Ja-Stimmen bekommen würde - sie braucht neun der 15 -, um überhaupt theoretisch angenommen werden zu können.

Es besteht kein Zweifel, dass die USA die Resolution mit ihrem Veto zu Fall bringen würden - aber sollten EU-Staaten dafür stimmen, wäre das ein großer diplomatischer Erfolg für die Palästinenser. Einen Staat könnten sie sich dafür allerdings nicht kaufen. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 11.11.2014)